Hohe Hürden auf dem Weg zum Medizinstudium
(dpa) Wer Medizin studieren möchte, braucht ein Spitzen-Abitur - oder viel Geduld. Der Weg zu einem der begehrten Studienplätze führt über die Stiftung für Hochschulzulassung. Ob die Vergabebedingungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind, überprüft seit seit Mittwoch das Bundesverfassungsgericht.
Warum ist ein Auswahlverfahren nötig?
Auf jeden Studienplatz für Humanmedizin in Deutschland kommen mehrere Bewerber. Aktuell sind es nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts fast 62.000 Bewerber auf 11.000 Ausbildungsplätze. Eine wichtige Rolle bei der Vergabe spielt die Abiturnote. Einen sogenannten Numerus clausus (NC, lateinisch für begrenzte Anzahl) gibt es für zahlreiche Studienfächer. Er gilt entweder regional oder bundesweit, etwa bei Human-, Zahn- und Tiermedizin sowie Pharmazie.
Was ist die Stiftung für Hochschulzulassung?
Sie wurde 2008 gegründet und löste die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) ab. Bei ihr müssen sich künftige Studenten bewerben. Grundlage für die bundesweite Vergabe sind Grundsatzurteile des Bundesverfassungsgerichts aus den 1970er Jahren, in denen das Teilhaberecht von Bewerbern an Studienplätzen und das Prinzip gleicher und sachgerechter Kriterien festgeschrieben worden waren.
Welche Wege führen zu einem Studienplatz in Humanmedizin?
Ein sehr gutes Abitur kann Bewerbern einen Studienplatz sichern. Nach den aktuellen Regeln werden 20 Prozent der Plätze nach diesem Kriterium (Bestenquote) vergeben. Aktuell ist ein Schnitt von 1,0 bis 1,2 dafür nötig. Ein weiteres Fünftel wird nach Wartezeit vergeben. Dafür ist aber viel Geduld erforderlich - inzwischen sind es 14 bis zu 15 Semester. Die übrigen 60 Prozent der Studienplätze können die Hochschulen in einem eigenständigen Auswahlverfahren vergeben. Aber auch dabei spielt die Abiturnote eine wichtige Rolle. Zusätzlich kann es Tests oder Gespräche geben. Bewerber können ihre Chancen durch zusätzliche Qualifikationen verbessern. Dazu gehört etwa eine Ausbildung zum Rettungsassistenten.
Worum geht es bei dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht?
Der Erste Senat verhandelt über Richtervorlagen des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen. Zwei Bewerber mit langer Wartezeit hatten geklagt. Nach Ansicht der Gelsenkirchener Kammer darf die Wartezeit auf einen Studienplatz nicht zu lang sein. Sie nimmt dabei die Regelstudienzeit als Grenze der Verfassungswidrigkeit an. Von Experten gab es in der Verhandlung Hinweise darauf, dass Studenten nach einer längeren Wartezeit das Studium häufig nicht erfolgreich abschließen können.
Auch Bewerber mit einer schwächeren Abiturnote müssten eine realistische Chance auf Zulassung haben, fordern die Verwaltungsrichter. Der Verzicht auf Landesquoten bei der direkten Vergabe durch die Hochschulen sei ungerecht, weil die Abiturnoten nicht vergleichbar seien. Hinter allem steht das Grundrecht der freien Wahl der Ausbildungsstätte und des Berufs, sowie der Gleichheitsgrundsatz. Das Gelsenkirchener Gericht ist bundesweit zuständig für alle Verfahren gegen die Stiftung für Hochschulzulassung.
Wie geht es weiter?
In der Verhandlung stellten die Verfassungsrichter viele kritische Nachfragen etwa zur Zahl der Wartesemester und zur Bedeutung der Abiturnote. Sollte der Erste Senat zu dem Schluss kommen, dass die aktuellen Zulassungsregeln nicht verfassungskonform sind, und seine Rechtssprechung aus den 70er Jahren weiterentwickeln, hätte das noch keine unmittelbaren Folgen für aktuelle Studienplatzbewerber. Dann müsste aber der Gesetzgeber die Regeln für die Zulassungen ändern. Bis zu einer Entscheidung in Karlsruhe können mehrere Monate vergehen.
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