Trackingsystem dokumentiert Laborversuche automatisiert
Fraunhofer IPA zeigt smarte Lösungen für die Laborautomatisierung
Fraunhofer IPA/Heike Quosdorf
Bei der Dokumentation von Versuchen zählt jedes Detail. Neben den selbstverständlichen Informationen, wie Bezeichnung und Menge der Substanzen oder der Temperatur, können unterbewusste Bewegungen und Gewohnheiten eine wichtige Rolle spielen. Das ist nicht nur extrem zeitaufwendig, es können sich auch Fehler einschleichen oder Informationen weggelassen werden. »Wir haben eine Kundin, die die Angewohnheit hatte, beim Pipettieren die Proben zu durchmischen. Dafür hat sie intuitiv schnell und wiederholt die Pipette betätigt. Das stand am Ende nicht im Protokoll, war jedoch essenziell für die erfolgreiche Durchführung. Das Experiment konnte nicht von ihren Kollegen wiederholt werden«, erinnert sich Marc Andre Daxer, Wissenschaftler am Fraunhofer IPA. »Bis die entscheidende Bewegung erkannt wurde, mussten wir den Versuch oft wiederholen und vorführen lassen«, weiß der Experte.
Das neue Trackingsystem des Fraunhofer IPA macht es Labormitarbeitern einfacher. Eine intelligente 3D-Kamera, die über einer Sterilbank angebracht ist, zeichnet ihre Handbewegungen lückenlos auf und leitet die Daten live an ein Informationssystem weiter. Hier werden sie mit Bewegungserkennungsalgorithmen ausgewertet, klassifiziert und in ein Protokoll überführt. Das System erfasst somit die einzelnen Prozessschritte genau. Das spart Ressourcen und die Mitarbeiter können sich besser auf die Arbeit konzentrieren. Ein weiterer Vorteil: Das Trackingsystem kommt mit einfacher Soft- und Hardware aus und eignet sich daher auch für kleine Labore.
Mit TeachIT Laborroboter in wenigen Minuten einlernen
Eine weitere Lösung der IPA-Wissenschaftler, die sie TeachIT, nennen, spart Zeit im Laboralltag. Die Anwendung ermöglicht es, Laborroboter in kürzester Zeit automatisiert einzulernen. Normalerweise stellt sich der Mitarbeiter dafür neben den Roboter und fährt mit ihm die Greifbewegungen von Hand ab. Der Roboter speichert die Koordinaten in seiner Datenbank und erlernt dadurch die Bewegung. »Bis ein Roboter einen neuen Prozess sicher beherrscht, dauert es je nach Aufgabenstellung ein bis zwei Tage. Das ist an sich nicht schlimm, jedoch variieren die Prozesse in Laboren so oft, dass es sich hier meistens nicht lohnt«, so Daxer. Mit der neuen TeachIt-Lösung beherrscht der Roboter seine neue Aufgabe in wenigen Minuten. Dafür werden die Multititterplatten in der Arbeitsfläche mit Barcodes ausgestattet. Eine 3D-Kamera am Roboterarm erkennt die Markierung und zeigt dem Roboter, wohin er greifen muss. »Wenn ein Arbeits-Setup geändert wird, müsste der Roboter normalerweise erneut eingelernt werden. Mit TeachIT erfasst er die neuen Objekte und deren Position selbständig. Das verringert die Automatisierungshürden in Laboren enorm«, freut sich Daxer.
Cloud-Infrastrukturen für Laborprozesse nutzen
Außerdem forschen die Experten daran, Cloud-Infrastrukturen vielseitig für die Life Science zu nutzen. Hier greifen sie auf die sichere IT-Plattform Virtual Fort Knox (VFK) zurück, die das Fraunhofer IPA seit 2012 für Industrie 4.0 entwickelt. Über die Cloud können Dienstleistungslabore ihre Services, zum Beispiel die Testung von Wirkstoffkandidaten auf bestimmte Zelllinien, als App anbieten und die benötigten Daten sicher austauschen. Die Ergebnisse ruft der Auftraggeber schnell und unkompliziert aus der Cloud ab. Von hier aus kann er sie gleich weiterleiten, beispielsweise an ein Bioinformatiklabor. Unternehmen können dadurch auf eine neue Art virtuell zusammenarbeiten. Es sei beispielsweise denkbar, ausgewählten Partnern für bestimmte Zeit gezielte Datensätze zugänglich zu machen. Das erleichtere den Austausch und führe schneller zum Ziel, meint Daxer. Auf der Labvolution zeigen die Experten ein Bechtopgerät, das an VFK angebunden ist. Über die Benutzeroberfläche kann der Anwender seine Multititterplatten konfigurieren, den Dispensionsvorgang starten und sich anschließend die Ergebnisse anzeigen lassen.
Mit Mixed Reality Labore virtuell planen
Mit einem fünften Demonstrator führen die IPA-Experten auf der Labvolution vor Augen, wie sich Mixed Reality im Labor einsetzen lässt. Dafür haben sie eine Microsoft HoloLens-Brille mit den CAD-Daten von Laborgeräten und -anlagen ausgestattet. Auf diese Weise kann man sich Dinge im Labor anzeigen lassen, die noch gar nicht errichtet sind. Das funktioniert vor Ort, aber auch von überall auf der Welt. Sinnvoll ist die Technologie zum Beispiel, wenn eine neue Anlage geplant wird. »Dann können gemeinsam mit dem Kunden die typischen Arbeitsabläufe schon vorher durchgespielt und Optimierungen noch zur Planungszeit vorgenommen werden«, informiert Daxer. Auch die Wartung und Reparatur von Laboranlagen geht damit schnell und einfach. »Der Techniker überlegt sich schon im Vorfeld, wie er ein defektes Bauteil austauschen kann. Vor Ort braucht er viel weniger Zeit«, erklärt der Wissenschaftler.