Wie Tuberkulose-Bakterien menschliche Zellen infizieren
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Ein internationales Forscherteam um den österreichischen Molekularbiologen und Biochemiker Thomas Marlovits konnte erstmals die molekulare Struktur eines sogenannten Typ-7 Sekretionssystems (T7SS) rekonstruieren. Dabei handelt es sich um einen Komplex aus vier Eiweißen in der äußern Zellmembran von Mykobakterien. Mit seiner Hilfe scheiden die Bakterien, zu denen auch der Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis gehört, Giftstoffe aus. „Mit unserer Arbeit konnten wir zeigen, dass es sich hierbei um ein neuartiges architektonisches Prinzip handelt – und damit einhergehend wahrscheinlich auch um einen bislang unbekannten molekularen Transport-Mechanismus“, sagt Marlovits. „Es gibt einen sehr geordneten Kernbereich, in dessen Mitte sich wahrscheinlich ein Kanal befindet, und einen Bereich mit flexiblen Molekülarmen, die ins Plasma der Zellen ragen und vermutlich wie Kraken-Tentakel nach den zu transportierenden Molekülen greifen.“
Thomas Marlovits ist Forschungsgruppenleiter am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) und am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien sowie Professor für Struktur- und Systembiologie bakterieller Infektionserreger am CSSB der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf. An der Arbeit waren außerdem Forscher der Freien Universität Amsterdam und des EMBL in Hamburg beteiligt.
Mögliche Therapie durch blockierte Transportsysteme
Ziel der Forscher sei es, die Funktionsweise der beschriebenen Transportsysteme im Detail zu verstehen. „Die Idee ist, dass man eines Tages diesen Transportprozess mit geeigneten Medikamenten, die noch entwickelt werden müssen, hemmen kann“, so Marlovits. Eine Tuberkulose-Infektion könnte auf diese Weise abgeschwächt oder vielleicht sogar komplett verhindert werden. Gegenwärtig gehört die Tuberkulose (kurz: Tbc oder Tb) neben Malaria und HIV (Aids) zu den weltweit gefährlichsten menschlichen Infektionskrankheiten. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben im Jahr 2013 rund eineinhalb Millionen Menschen an Tuberkulose, neun Millionen erkrankten. Die Lunge ist die wesentliche Eintrittspforte der Erreger, die sich vor allem durch die Luft als Tröpfcheninfektion verbreiten.
Kryo-Elektronenmikroskop erlaubt Einblicke in den Nanobereich
Um die Struktur der 28 Nanometer breiten Transportsysteme aufklären zu können, verwendeten die Wissenschaftler ein Kryo-Elektronenmikroskop mit einer eigens entwickelten Software. Die zu untersuchenden Zellen werden dabei oft – vereinfacht ausgedrückt – schockgefroren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln „fotografiert“. Aus den Einzelbildern lässt sich dann ein Durchschnittsbild berechnen, das die räumliche Struktur der untersuchten Moleküle zeigt. Fortgesetzt werden sollen die Forschungsarbeiten vom Sommer an im neu gebauten Center for Structural Systems Biology (CSSB) am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg-Bahrenfeld. Dort können die Forscher mit einem modernen Elektronenmikroskop arbeiten, das ihnen noch detailreichere Bilder liefern kann. Marlovits: „Wenn wir ein genaueres Bild von der Anordnung dieser Eiweißmoleküle haben, können wir vielleicht Zielstrukturen identifizieren, an denen ein möglicher Wirkstoff angreifen könnte.“