Neuer Wirkstoff gegen die Schlafkrankheit
Dr. Grzegorz Popowicz, Helmholtz Zentrum München
Prof. Dr. Ralf Erdmann und Dr. Vishal Kalel, Ruhr-Universität Bochum
Bohrkörper, so heißen Trypanosomen aus dem Griechischen übersetzt. Die einzelligen Parasiten sind für verschiedene Erkrankungen vor allem in Lateinamerika und Afrika verantwortlich. Berühmtestes Beispiel ist wohl die von Trypanosomen ausgelöste Schlafkrankheit, die durch die Tsetse-Fliege übertragen wird. In ihrem Endstadium fallen die Patienten in einen Dämmerzustand, der der Krankheit ihren Namen verliehen hat.
„Gegen Trypanosomen gibt es bisher nur wenige Medikamente, die noch dazu viele Nebenwirkungen haben, und es breiten sich bereits erste Resistenzen aus“, erklärt Prof. Dr. Michael Sattler, Direktor des Instituts für Strukturbiologie am Helmholtz Zentrum München und Lehrstuhlinhaber für Biomolekulare NMR Spektroskopie an der TU München.
Gemeinsam mit Dr. Grzegorz Popowicz (ebenfalls Helmholtz Zentrum München) und der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ralf Erdmann an der Ruhr-Universität Bochum suchte das Forschungsteam nach neuen Möglichkeiten, den Erreger auszuschalten. „Wir konzentrierten uns dabei vor allem auf die sogenannten PEX-Proteine, die schon länger als mögliche Zielstrukturen für therapeutische Ansätze diskutiert wurden“, so Sattler.
Pex und hopp!
Die PEX-Proteine spielen eine entscheidende Rolle für die Funktion der sogenannten Glykosomen. Das sind kleine Zellorganellen, die der Parasit für seinen Zuckerstoffwechsel benötigt. „Die Idee war, das Zusammenspiel der beiden wichtigen Proteine PEX14 und PEX5 zu verhindern und dadurch den Stoffwechsel der Trypanosomen so massiv zu stören, dass sie nicht überleben können“, erklärt Grzegorz Popowicz. Am Bayerischen NMR-Zentrum, das gemeinsam vom Helmholtz Zentrum und der TU München betrieben wird, untersuchten die Forscher daher zunächst mit Hilfe der Kernspinresonanz (engl.: nuclear magnetic resonance, NMR)-Spektroskopie die Struktur der beiden Zielproteine.
Im nächsten Schritt optimierten die Teams aus München und Bochum dann anhand der nun bekannten räumlichen Struktur einen Wirkstoff, der perfekt an PEX14 bindet, so die Wechselwirkung mit PEX5 verhindert und die Parasiten abtötet. Grzegorz Popowicz beschreibt es so: „Wir haben quasi zunächst das Schloss vermessen und anschließend den Schlüssel dafür entworfen.“
Möglicherweise auch bei anderen Parasiten relevant
Künftig wollen die Forscher die Moleküle weiterentwickeln, damit sie in klinischen Studien getestet und gegebenenfalls zur Herstellung von Medikamenten genutzt werden können. Darüber hinaus untersuchen sie, inwiefern sich die Methode auch für den Einsatz bei anderen einzelligen Parasiten anbietet, die möglicherweise auf ähnliche Proteine angewiesen sind. „Denkbar wäre hier etwa die Bekämpfung von Leishmanien“, erklärt Popowicz. In diese Richtung werde man künftig weiterforschen.