Iran: vielversprechender Markt für europäische Pharmaunternehmen
Pharmamarkt ist heute rund 2 Milliarden Dollar groß und wächst jährlich um 6 Prozent
Roland Berger
"Die internationalen Sanktionen haben die Entwicklung der iranischen Pharmabranche in den vergangenen Jahrzehnten stark gebremst", sagt Morris Hosseini, Partner von Roland Berger. "Dafür sind jetzt die Chancen für Wachstum umso größer." Doch der iranische Markt bietet nicht nur bedeutende Wachstumschancen für Pharmakonzerne, sondern auch einige Risiken für Neueinsteiger, so die neue Studie von Roland Berger und der iranischen ILIA Corporation "Iran's pharmaceutical market - Rediscovering a sleeping giant".
Öffnung für den Weltmarkt sorgt für hohes Wachstum
Die Grundvoraussetzungen für die Pharmaindustrie in Iran sind gut: Die lokale Wirtschaft boomt, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird in den kommenden Jahren voraussichtlich um jeweils 12 Prozent wachsen. Wegen der langen Abschottung vom Weltmarkt verfügt das Land nicht nur über rund 60 Produktionsstätten für Pharmaprodukte, die derzeit auf neueste technologische Standards aufgerüstet werden, sondern auch einen gut funktionierenden Gesundheitsmarkt, auf dem rund 100 Unternehmen im Wettbewerb stehen, die zum Teil bereits signifikante Kompetenzen zum Beispiel bei der Herstellung von Biosimilars vorweisen können.
Darüber hinaus finden Pharma-Unternehmen im Iran viele hochqualifizierte Fachkräfte, auch wenn das Land in den vergangenen Jahren einen gewissen "Brain Drain" erlebt hat. Und: Irans geografische Lage und seine guten Beziehungen zu vielen Nachbarländern mit Handelsabkommen und Sonderwirtschaftszonen machen das Land zu einem idealen Export-Drehkreuz, um rund 400 Millionen Menschen, insbesondere in Zentralasien, zu erreichen. "Auch die politischen Rahmenbedingungen sind positiv", erläutert Marlon Jünemann, Managing Partner der ILIA Corporation. "Seit dem Ende der Sanktionen bemüht sich die iranische Regierung aktiv um einen stabilen und offenen Markt und wirbt um ausländische Investoren."
Früher Start sichert Vorsprung
Für die Experten ist damit jetzt der richtige Zeitpunkt, sich durch einen frühen Start im iranischen Pharmamarkt einen Vorsprung zu sichern. Doch der Einstieg dürfe nicht übereilt erfolgen, sondern müsse gut geplant werden: "Das iranische Gesundheitssystem hat einige Besonderheiten, die sowohl Chancen als auch Risiken für neue Marktteilnehmer bereithalten", sagt Jünemann. Denn durch die lange Abschottung vom Weltmarkt hat sich ein gut funktionierendes Selbstversorgungssystem etabliert: Dazu gehören Zulassungs- und Regulierungsinstitutionen, einschließlich der Behörde, die über die Erstattungsfähigkeit von Arzneimittelkosten durch die Krankenversicherungen entscheidet, Hersteller von Arzneimitteln, verschreibende Ärzte, staatliche und private Apotheken sowie die Patienten.
"Ausländische Firmen, die neu in den iranischen Pharmamarkt einsteigen, können von diesen Strukturen profitieren, aber auch darunter leiden", sagt Hosseini. "Entscheidend ist daher, sich zuerst ein tiefgreifendes Verständnis der lokalen Marktmechanik, der regulatorischen Rahmenbedingungen, der Unternehmenskultur und der heimischen Wettbewerber zu verschaffen." Zu den weiteren Schritten gehören unter anderem die Entscheidung zwischen Export in den Iran oder Produktion vor Ort sowie die Suche nach vielversprechenden Marktnischen und geeigneten Partnern vor Ort.
Insgesamt, so die Experten in ihrer Studie, ist Iran ein lohnendes Feld für multinationale Pharmakonzerne: "Gut geplant und vorbereitet bietet ein - baldiger - Markteinstieg zweifellos sehr gute Wachstumschancen", sagt Thilo Kaltenbach, Partner bei Roland Berger.