Mit getarnten Viren und chemischen Tricks gegen den Krebs

01.11.2016 - Deutschland

Diagnose „Krebs“ – für die meisten ist das allein schon ein großer Schock, alles steht Kopf. Ebenso belastend ist dann die oft verschriebene Chemotherapie, unter der ein bisher alltägliches Leben kaum möglich ist. Was, wenn der Krebs ohne Chemotherapie behandelt werden könnte und die Nebenwirkungen denen einer leichten Erkältung gleichen? Genau daran arbeitet Prof. Dr. Florian Kreppel mit einem interdisziplinären Team aus Chemikern, Biologen und Onkologen.

Grafik: Moritz und Lara Krutzke

Virus mit chemischer Badehaube. Viren und nicht-virale Substanzen können zur Behandlung und Vorbeugung von Krebserkrankungen sowie Infektionserkrankungen eingesetzt werden. Dabei werden sie aber häufig von Blutbestandteilen inaktiviert (Antikörper, grau; das natürliche Abwehrsystem Komplement, blau; Blutgerinnungsfaktoren, rot). Durch eine Kombination genetischer (gelb) und chemischer Veränderungen will das Team um Prof. Kreppel die Viren vor einer Neutralisierung schützen. Hierzu werden den Viren „molekulare Badehauben“ (grün) aufgesetzt. So sind die Viren geschützt und können ihren Wirkort erreichen. Ein ganz ähnliches Verfahren wendet das Team um Prof. Kreppel auch für neuartige Substanzen auf Polymerbasis an.

Kreppel ist neuer Inhaber des Lehrstuhls für Biochemie und molekulare Biologie an der Universität Witten/Herdecke (UW/H). Der in München geborene und im Rheinland aufgewachsene Familienvater setzt nun in Witten seine Forschungstätigkeit fort. Sie gliedert sich in zwei große Bereiche: Zum einen die Onkolyse bzw. Virotherapie, bei der Erkältungsviren so verändert werden, dass sie vom Immunsystem unbemerkt in das Tumorgewebe eindringen und es von innen zerstören. Zum anderen entwickelt er genetische Vakzine, also Impfstoffe gegen Krankheiten, gegen die bislang noch kein Schutz möglich ist.

„Mit Hilfe chemischer Tricks setzen wir Viren, aber auch anderen Trägersubstanzen, Badehauben auf“, erklärt Kreppel das Verfahren bildlich. „So können sie unerkannt durch die Blutbahn an den Wirkungsort gelangen. Das kann ein Tumor sein, aber auch bestimmte Zellen des Immunsystems, die für die Abwehr von Krankheitserregern wichtig sind.“ Tatsächlich gibt es bereits ein in Europa und USA zugelassenes Krebsmedikament, das auf einem Virus basiert. Die große Herausforderung ist es, die Viren so zu präparieren, dass sie ihre gewünschten positiven Eigenschaften zur Krankheitsbekämpfung behalten. Kreppels Technologie ist bereits weit entwickelt und wird derzeit für klinische Studien angepasst. Dann kann sie voraussichtlich bei vielen Krebsarten wie Lungen-, Leber-, oder Pankreaskrebs zum Einsatz kommen.

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