Ungewöhnliche Zellteilung in der Karibik
Bakterienart bricht mit altem Dogma der Zellbiologie
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Copyright: Nikolaus Leisch, Nature Microbiology
Die meisten Bakterien teilen sich, indem sie ein Protein namens FtsZ an ihrer Zellmitte platzieren. Bislang wurde angenommen, dass dieses Protein sich immer in einem Ring organisiert. Der Proteinkomplex übt eine gleichmäßige zusammenziehende Kraft aus, die das Bakterium einschnürt, vergleichbar mit einem stäbchenförmigen Luftballon, den man mit Daumen und Finger zusammendrückt. Obwohl Forscher noch uneinig sind, welche der Proteine des Zellteilungskomplexes diese abschnürende Kraft bilden, stand außer Frage, dass das FtsZ-Protein einen Ring bildet. Egal ob ringförmig, elliptisch oder ungleichmäßig, sine qua non der Zellteilung war lange die Idee eines Ringes.
Das Wissen über bakterielle Zellbiologie basiert auf Studien von Mikroorganismen, die im Labor gezüchtet werden. Allerdings sind die meisten Mikroorganismen noch nicht kultiviert und können nur in ihrer natürlichen Umgebung untersucht werden: beispielsweise Mikroben, die in enger Beziehung mit vielzelligen Organismen stehen.
Silvia Bulgheresi und ihr Team erforschen Bakterien, die auf der Oberfläche von marinen Nematoden, den Stilbonematiden, wachsen und sich vermehren. Deren natürlicher Lebensraum ist eine kleine tropische Insel inmitten der Karibik. Dort sammelte das Bulgheresi-Team diese unkonventionelle Mikrobe. Die Analyse dieses Bakteriums, einem Symbionten vom Robbea hypermnestra-Nematoden (Fadenwurms), hat die Diskussion um die Theorie des geschlossenen Proteinrings zur Zellteilung neu eröffnet.
Dabei handelt es sich um ein etwa ein mal drei Mikrometer großes, stäbchenförmiges Bakterium, das mit einem Pol auf der Oberfläche des Nematoden sitzt. Dieses Bakterium hat merkwürdige Eigenschaften: Es orientiert seine Teilungsebene parallel zur Längsachse und teilt sich damit der Länge nach statt transversal, wie normale Stäbchenbakterien es tun. Darüber hinaus teilt sich das ressourcenreiche Gammaproteobakterium auch asynchron: Zuerst stülpt es jene Seite ein, mit der das Bakterium am Nematoden befestigt ist, erst später folgt der andere Pol. "Aber die größte Überraschung kam, als wir nach dem FtsZ-Ring suchten: Diesen gab es nämlich nicht", erklärt Nikolaus Leisch, Erstautor der Publikation und derzeit Postdoc am Max Plank Institut in Bremen.
Die Teilung des Robbea hypermnestra-Symbionten lässt noch einige Fragen offen: Welchen evolutionären Vorteil könnte dieser außergewöhnliche Prozess bringen? Eine mögliche Erklärung ist, dass diese ungewöhnliche Teilung dem Symbionten erlaubt, in treuer Partnerschaft mit dem Wurm zu bleiben. "Wir vermuten, dass diese Teilung sich entwickelt hat, um beiden Tochterzellen eine feste Bindung zum Wurm zu ermöglichen, d.h., dass keine Tochterzelle an den Sand oder das Meer verloren geht", so Silvia Bulgheresi abschließend.
Originalveröffentlichung
Nikolaus Leisch, Nika Pende, Philipp M. Weber, Harald R. Gruber-Vodicka, Jolanda Verheul, Norbert O. E. Vischer, Sophie S. Abby, Benedikt Geier, Tanneke den Blaauwen and Silvia Bulgheresi; "Asynchronous division by non-ring FtsZ in the gammaproteobacterial symbiont of Robbea hypermnestra"; Nature Microbiology; 2016