EU-Kommissar 'bitter enttäuscht' über Stillstand bei EU-Patent

18.11.2002

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Europas Erfinder müssen weiter auf ein EU-weit gültiges Gemeinschaftspatent warten. Die für den Binnenmarkt zuständigen EU-Minister setzten am Donnerstag in Brüssel ihren Streit um die Zukunft der Patentgerichte ohne Ergebnis fort und ernteten dafür scharfe Kritik von EU-Kommissar Frits Bolkestein. Die Annahme eines Kompromisspapiers der dänischen EU-Präsidentschaft scheiterte nach Teilnehmerangaben am Einspruch Deutschlands.

"Ich bin bitter enttäuscht, dass der Rat ein Jahr nach dem Zieldatum, das der Gipfel von Lissabon gesetzt hatte, immer noch keine Einigung für diese zentrale Initiative finden konnte", sagte Bolkestein.

PARIS, BERLIN SETZEN AUF DEZENTRALE GERICHTE

Frankreich unterstützte die deutsche Ansicht, dass dezentrale Gerichte in den EU-Staaten über Patentstreitigkeiten urteilen sollen. "Die deutschen Argumente waren überzeugend", sagte die französische Europaministerin Noelle Lenoir. Auch Italien und Österreich hätten sich für eine Beibehaltung der bestehenden Patentgerichte eingesetzt.

Ohne eine Einigung bleibt ungewiss, ob die drei deutschen Patentgerichte in München, Mannheim und Düsseldorf ihre Arbeit nach der geplanten Einführung des Gemeinschaftspatents weiterführen können. Deutschland setzt sich für den Erhalt der Gerichte ein, weil schon heute 70 Prozent aller Patentstreitigkeiten in Europa dort entschieden würden. "Diese Gerichte entscheiden gut, schnell und kostengünstig", sagte der Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Hansjörg Geiger, am Rande der Sitzung in Brüssel.

BOLKESTEIN BESCHWÖRT ZUSAMMENHALT

Im Grundsatz waren Lenoir zufolge alle Minister einig, dass dezentrale Gerichte ein zentrales Patentgericht in Luxemburg ergänzen sollen: "Wir haben uns auf ein dezentrales System geeinigt." Strittig sei aber geblieben, nach welchen Kriterien die dezentralen Kammern eingerichtet werden sollten, sagte die Ministerin. Deutschland habe sich unterstützt von Frankreich, Italien und Österreich gegen den Vorschlag anderer Länder gewandt, bestehende Gerichte zunächst abzuschaffen und sie später je nach Bedarf wieder einzurichten.

Die Frage der Gerichtsbarkeit ist neben dem Sprachenstreit das größte Hindernis für die Einführung des Gemeinschaftspatents. Das geplante EU-Patent soll die Patentierung von Erfindungen EU-weit einfacher und billiger machen. Alle 15 EU-Staaten sehen es als wichtiges Instrument an, um die europäische Wirtschaft und Forschung im Wettbewerb mit den USA und Japan voranzubringen. "Wir können nicht zulassen, dass eine so wesentliche Maßnahme auf dem Alter nationaler Interessen geopfert wird", sagte EU-Kommissar Bolkestein.

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