Nasenspray gegen Nervenleiden, Organmodelle statt Tierversuche, Viren gegen Krebs

Innovationspreis der BioRegionen

28.04.2016 - Deutschland

Der Arbeitskreis der BioRegionen in Deutschland verleiht auf den diesjährigen Deutschen Biotechnologietagen in Leipzig den Innovationspreis 2016 an patentierte Forschungsergebnisse für ein Nasenspray gegen neurodegenerative Erkrankungen, innovative Virotherapie zur Krebsbekämpfung sowie für Biochip-basierte Organmodelle. Die Jury hat aus bundesweit 34 Bewerbungen 3 Projekte mit hohem Anwendungspotential ausgezeichnet, die bereits weit fortgeschritten in der Entwicklung sind. Sie stammen aus der Universität Heidelberg (Nasenspray), der Universität Ulm (Virotherapie) sowie vom Universitätsklinikum Jena (Organmodelle).

Die ausgezeichneten 3 Projekte erfüllten nach Ansicht der Jury unter den 34 Einreichungen aus dem ganzen Bundesgebiet am besten die Kriterien des Arbeitskreises der BioRegionen in Deutschland, der in diesem Jahr bereits zum neunten Mal einen Preis für innovative Biotechnologie-Erfindungen vergibt.

Mit dem Innovationspreis der BioRegionen werden jährlich drei herausragende wissenschaftliche Ideen aus universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen prämiert. Neben einer neuartigen, wissenschaftlichen Idee aus der Biotechnologie steht dabei auch die wirtschaftliche Nutzung der Erfindung im Vordergrund. „Wir haben den Innovationspreis der BioRegionen in Deutschland ins Leben gerufen, um Forscher zu ermutigen, ihre anwendungsnahen Erfindungen zu verwerten. Es ist schön und ein starkes Signal zugleich, dass die diesjährigen Preisträger eine so große Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten für die Biotechnologie belegen“, so Dr. Klaus Eichenberg, Sprecher der BioRegionen in Deutschland und Geschäftsführer der BioRegio STERN Management GmbH. Für Dr. Heinrich Cuypers, BioCon Valley GmbH und diesjähriger Organisator des Innovationspreises, ist die zwischenzeitlich erfolgte Firmengründung der Heidelberger Gewinner eine weitere Bestätigung für die erfolgreichen Anstrengungen des Arbeitskreises der BioRegionen.

Die 3 gleichwertigen Preisträgerprojekte in der Kurzvorstellung

A: "Dendritenstabilisations-Nasenspray gegen Neurodegeneration", (Prof. Hilmar Bading Institut für Neurobiologie, Universität Heidelberg)

Krankheits-  und altersbedingte Einschränkungen von Gedächtnisleistungen und anderer Hirnfunktionen gehen mit dem Verlust der bäumchenartigen Verzweigungen der Neuronen (Dendriten) einher. Die Applikation eines von uns entwickelten `Dendriten-Stabilisators’ mit Hilfe eines Nasensprays verhindert den Verlust funktionswichtiger Nervenstrukturen. Dieses neuartige, nicht-invasive und außergewöhnlich einfache Therapieprinzip vermindert deutlich die Hirnschäden und Funktionsverluste nach einem Schlaganfall. Amyotrophe Lateralsklerose (‚Motor Neuron Disease‘), Glaukom, sowie Demenzerkrankungen stellen weitere mögliche therapeutische Anwendungsbereiche dar. Hierzu hat das Team mittlerweile die Firma FundaMental Pharma GmbH gegründet.

B: "Ad-O-Lytics: Innovative Virotherapie zur Krebsbekämpfung", (PD Dr. Florian Kreppel, Prof. Stefan Kochanek Universität Ulm)

Das Team von Ad-O-Lytics entwickelt maßgeschneiderte Adenoviren für die onkolytische Virotherapie zur Krebsbekämpfung. Ad-O-Lytics hat eine große gemeinsame Vision: Die Virotherapie erfolgreich zur Anwendung bringen. Ad-O-Lytics hat ein Verfahren entwickelt und patentiert, mit dem das krebszerstörende Virus über die Blutbahn verabreicht werden kann. Hierzu werden maßgeschneiderte Schutzhüllen an das Virus angebracht. Damit bleibt das Virus im Blut unerkannt und kann Tumoren und Metastasen erreichen, zerstören und das Immunsystem aktivieren. Mit der Möglichkeit, das Virus über die Blutbahn verabreichen zu können, hat Ad-O-Lytics eine wesentliche Hürde der Virotherapie überwunden und hat daher klare Vorteile gegenüber Wettbewerbsverfahren. Das enorme Potential dieser Technologie nutzt Ad-O-Lytics und entwickelt einen Produktkandidaten bis zur klinischen Studie Phase I. Dann soll die Entwicklung mit einem großen Pharma-Partner bis zur Marktreife weitergeführt werden.

Derzeit wird das Projekt über das EXIST-Forschungstransfer-Programm vom BMWi gefördert, für die weitere Entwicklungslaufzeit ab August 2017 sucht Ad-O-Lytics noch Investoren.

C: "Biochip-basierte Organmodelle“, (Dr. Alexander Mosig und Dr. Knut Rennert, Center for Sepsis Control & Care, Institut für Biochemie II Universitätsklinikum Jena)

Zu den am häufigsten genutzten Untersuchungsmodellen in der präklinischen Wirkstoffentwicklung gehören zweidimensionale Zellkulturen, die jedoch in heterogenen dreidimensionalen Geweben ablaufende wichtige physiologische Zellprozesse nicht abbilden können. Die Ergebnisse der deshalb regelmäßig im Tiermodell gemachten Untersuchungen sind aber nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragbar. Durch die schichtweise Nachbildung humaner Organe in Lab-on-a-Chip-Systemen und darauf aufbauender Krankheitsmodelle konnten innovative Werkzeuge zur gezielten Entwicklung neuer Therapieoptionen des entzündungsassoziierten Organversagens entwickelt werden. Die Nutzung Biochip-gestützter Organmodelle beschleunigt dabei die Entwicklung dieser Therapieoptionen, erhöht die Aussagekraft von Wirkstoffstudien und minimiert die dafür notwendige Anzahl an Tierversuchen.

Von der Idee zur Innovation – ein oft langer Weg in der Biotechnologie

Produktentwicklung und Unternehmensgründungen auf Basis wissenschaftlicher Ergebnisse sind eine wichtige Möglichkeit, Ideen aus der Grundlagenforschung für Patienten bzw. die Gesellschaft allgemein verfügbar zu machen. Diese sogenannten Spin-offs arbeiten mit Hochdruck und Ehrgeiz daran, marktfähige Produkte zu entwickeln. Erst durch diesen Markteintritt wird aus einer Idee eine „echte“ Innovation. Bis dahin werden jedoch unternehmerisches Geschick und eine gehörige Portion Idealismus benötigt. Denn die erfahrenen Wissenschaftler und angehenden Unternehmer erwarten neben der Forschungsarbeit die aufwendigen Zulassungsverfahren, das Bestehen des „Praxis-Tests“ und immer wieder Verhandlungen mit möglichen Geldgebern oder Entwicklungspartnern. Bereits vorhandene Kooperationen mit der Wirtschaft sind da oft von Vorteil und werden über die BioRegionen und ihre Netzwerke erleichtert, die sich alle dem „Technologietransfer“ in der Biotechnologie verschrieben haben. Und auch die Aufmerksamkeit, die die Teams durch den Innovationspreis der BioRegionen in der Fachwelt erhalten, ist ein wertvoller Antrieb für die weitere Entwicklung.  Das Preisgeld von jeweils € 2.000.- ist als zusätzliche Anerkennung und Ansporn gedacht, die feierliche Präsentation der Gewinner auf den Deutschen Biotechnologietagen vor über 800 Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Wissenschaft eine weitere Unterstützung, um Partner zu gewinnen.

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