Bessere Ernte für Kleinbauern dank klonaler Vermehrung von Nutzpflanzen

29.01.2016 - Schweiz

Hybridpflanzen werfen nur für eine Generation einen sehr hohen, landwirtschaftlichen Ertrag ab. Jedes Jahr muss deshalb neues, hybrides Saatgut hergestellt und verwendet werden. Durch klonale Vermehrung könnte die Leistungsfähigkeit solcher Pflanzen jedoch unverändert weitervererbt werden. Forscher der Universität Zürich haben erstmals experimentell bewiesen, dass diese fast 80jährige Idee funktioniert. Damit könnten sich neue Möglichkeiten sowohl für Saatgutproduzenten wie für Kleinbauern der Dritten Welt eröffnen.

UZH

Die neue Generation der Hybridpflanzen im Gewächshaus.

Hybridpflanzen sind in der heutigen Landwirtschaft äusserst wichtig für die ausreichende Herstellung von Nahrung, Futtermittel, Treibstoff und Kleidung. Diese Kreuzungen aus zwei unterschiedlichen Sorten gelten als besonders robust und weit leistungsfähiger als ihre reinen Elterngenerationen. Dank Hybridpflanzen können die Erträge von Getreidearten wie Mais mehr als verdoppelt werden. Allerdings gehen die positiven Eigenschaften in der nächsten Generation bereits wieder verloren, weshalb Hybridsamen jedes Jahr neu hergestellt werden müssen. Diese Kreuzungen sind kosten- und zeitintensiv und die Bauern sind auf jährlich neues Saatgut angewiesen.

Bereits in den 1930er Jahren schlugen zwei russische Wissenschaftler vor, wie dieser aufwändige Prozess vereinfacht werden könnte: Könnte sich die erste Mischlingsgeneration, der sogenannte F1-Hybrid, ungeschlechtlich fortpflanzen, bliebe ihre erhöhte Leistungsfähigkeit erhalten. Einige Pflanzenarten beherrschen die Vermehrung durch natürliches Klonen der Samen, das als Apomixis bezeichnet wird, bereits von Natur aus. Die Theorie, dass Apomixis die Eigenschaften von Hybridpflan-zen bewahren kann, wurde jedoch nie experimentell getestet – bis jetzt: Prof. Ueli Grossniklaus vom Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie der Universität Zürich hat mit seinem Team nun den Beweis erbracht.

Wichtiger Beitrag zur Apoximisforschung

«Wir weisen bei apomiktisch vermehrten Hybridpflanzen nach, dass auch die Nachkommen die gewünschten biologischen Eigenschaften behalten. Wir konnten die besondere Leistungsfähigkeit der Hybride fixieren», erklärt Erstautor Dr. Christian Sailer. Die Pflanzen erzielen über zumindest zwei weitere Generationen die gleiche Wuchsgrösse und den gleichen Ertrag. Bei konventionellen F1-Hybriden, die in der Landwirtschaft verwendet werden, hätten sich dagegen die Individuen der nächsten Generation stark voneinander unterschieden. Die Publikation von Sailer ist ein lang erwarteter, wichtiger Beitrag zur Apomixisforschung und deren potentielle Anwendung. Denn bisher war unklar, ob die Fixierung des Genotyps ausreicht, um die überlegenen Eigenschaften von Hybriden über Generationen hinweg zu erhalten.

Für ihre Versuche hat das Forscherteam mit dem natürlich vorkommenden apomiktischen Mausohrhabichtskraut (Hieracium pilosella) elf neue Hybride durch Kreuzungen hergestellt und diese über zwei Generationen durch natürliches Klonen der Samen vermehrt. Es wurden 20 verschiedene Eigenschaften gemessen und getestet, ob diese sich von einer Pflanzengeneration zur nächsten verändert haben. Zudem wurden beide Generationen derselben Klone zur selben Zeit im Glashaus gezogen, damit sie den gleichen Umweltbedingungen ausgesetzt waren und unterschiedliche Faktoren wie Temperatur, Wasser, Licht etc. ausgeschlossen werden konnten.

Günstigeres und robusteres Saatgut auch für Kleinbauern

«Wenn dieser spezielle Vermehrungsweg in Kulturpflanzen Verwendung findet, würde dies die Kosten zur Herstellung von F1-Hybridsamen dramatisch reduzieren. Dadurch würden nicht nur die Saatgutproduzenten profitieren, sondern auch die Subsistenzbauern in den Entwicklungsländern», erklärt Prof. Ueli Grossniklaus. Heute verwenden diese Kleinbauern meist wenig ertragreiche Landrassen für den Eigenbedarf. Dank der apomiktischen Fortpflanzung hätten sie einen günstigeren Zugang zu ertragsreicheren und robusteren Hybridsorten. Und sie könnten ohne Ertragseinbussen die Samen der jetzigen Ernte für die Aussaat im nächsten Jahr verwenden. Allerdings müsste zuvor die tatsächliche Anwendung in Kulturpflanzen noch im Detail getestet werden, so Grossniklaus.

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