Boomende Nachfrage, bröckelnde Preise: Pharma, Biotechnologie und Medizintechnik optimistisch für 2016
"Der Versorgungsgestaltung gewinnt mit Hinblick auf ergebnisbasierte (outcomes-based) Vergütung in der Gesundheitsbranche an Bedeutung. Das können Unternehmen nutzen, wenn sie innovative Produkte entwickeln und mit digitalen Angeboten kombinieren, um die Kommunikation zwischen Patient und Arzt zu verbessern", kommentiert Dr. Gregor-Konstantin Elbel, Partner/Leiter Life Sciences & Health Care von Deloitte.
Generika und Biosimilars verdrängen Originalpräparate
Immer häufiger greifen Verordner aus Kostengründen zu Generika und Biosimilars (Nachahmerprodukte von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln). Dadurch verschieben sich die Märkte: Der Anteil für Generika am gesamten britischen Pharmamarkt betrug beispielsweise 2012 bereits 84 Prozent. Dieser Boom führt bei Herstellern traditioneller Originalpräparate zu Umsatzeinbußen. Das betrifft sowohl entwickelte Märkte als auch Schwellenländer. Gleichzeitig haben aber auch Generika-Produzenten Kapazitätsengpässe aufgrund der schnell steigenden Nachfrage. Seit der ersten Biosimilar-Zulassung in der EU 2006 wächst auch dieser Markt stetig. Heute gibt es mehr als 700 Medikamente dieses Typs mit Zulassung bzw. laufendem Verfahren. Analysten rechnen in diesem Bereich bis zum Jahr 2020 weltweit mit 25 bis 35 Milliarden US-Dollar Umsatz.
Biotech-Markt wächst
Der Anteil von Biotech-Medikamenten einschließlich Impfstoffen, monoklonalen Antikörpern und rekombinanten Produkten am Gesamtabsatz der Pharmabranche liegt derzeit bei 18 Prozent, wird aber voraussichtlich auf 26 Prozent bis zum Jahr 2019 steigen. Biotech-Produkte stellten 2014 bereits den Großteil der Top-10-Umsatzbringer. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Einsatzgebiete von Biotech-Medikamenten sind beispielsweise entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, aber auch Krebs, verschiedene Bluterkrankungen oder auch Hepatitis C.
Patienten- und Arzneimittelsicherheit im Fokus
Weltweit verstärken die Aufsichtsbehörden die regulatorischen Auflagen für die Branche. Schwerpunkte sind zunehmend "Off-label"-Einsätze (zulassungsüberschreitende Anwendungen), mangelhafte Management der Arzneimittelsicherheit oder auch die Offenlegung klinischer Studien. So hat die EU Vorschriften zu neuen Datenstandards erlassen: sogenannte IDMPs (Identifizierung von medizinischen Produkten). Sie sollen die verwechslungssichere Identifizierung von Arzneimitteln auf internationaler Ebene sicherstellen. Möglich wird das durch ein Verfahren zur Erzeugung globaler Produkt-IDs, die für die gesamte Lieferkette genutzt werden können.
Pharma: nach kurzem Einbruch wieder Aufwind
Als Folge rückläufiger Gesundheitsausgaben weltweit im Jahr 2015 rechnet die Pharmaindustrie mit einem leichten Rückgang des Medikamentenumsatzes um 2,7 Prozent. Verantwortlich dafür sind der Preisdruck in den USA sowie die labile wirtschaftliche Lage in Brasilien, Russland und China - auf diese vier Länder entfallen rund 50 Prozent des weltweiten Pharma-Umsatzes. Zusätzlich gehen staatliche Gesundheitsbudgets sowie die Ausgaben von Selbstzahlern zurück. Für 2016 bis 2019 rechnet die Branche jedoch bereits wieder mit einem Anstieg um durchschnittlich 4,3 Prozent pro Jahr.
Herausforderungen durch Kostensenkung
Haupttreiber des positiven Trends in der Pharmabranche sind steigende Lebenserwartung, die Zunahme chronischer Krankheiten und die Einführung innovativer und häufig auch zugleich teurer Therapien, zum Beispiel gegen Krebs oder Hepatitis C. Allerdings haben viele Länder Maßnahmen getroffen, um die Kosten im Gesundheitswesen einzudämmen: Dazu zählen u.a. Preisgrenzen, Zwangsrabatte sowie nutzenbasierte Preisgestaltung und Erstattungsmodelle. Diese stellen erhebliche Herausforderungen für forschungsbasierte Pharmaunternehmen dar. Als Reaktion passen Pharmaunternehmen ihr Portfolio an, senken die Kosten und setzen ihren Fokus verstärkt auf hochspezialisierte Indikationsgebiete.
Wachstum in der Medizintechnik
Solide jährliche Wachstumsraten von 4,1 Prozent (2015-2019) werden für den Medizintechnik-Markt erwartet. In-vitro-Diagnostik (IVD) ist der hier größte Bereich, er wird zwischen 2016 und 2020 jährlich um 5,1 Prozent wachsen, wobei ein Umsatz von 67,3 Milliarden US-Dollar erwartet wird, was rund 14 Prozent des Weltmarkts entspricht.
"Die digitale Vernetzung betrifft inzwischen den gesamten Gerätemarkt und auch die meisten Bereiche von ambulanter und stationärer Versorgung, da digitale Technologien maßgeblich zu effizienter und qualitativ hochwertiger Diagnostik und Therapie beitragen werden. Deshalb sollten Medtech Unternehmen IT-Kompetenz aufbauen und Produktion und Logistik agil gestalten, um flexibel auf die digitalen Veränderungen reagieren zu können", resümiert Dr. Gregor-Konstantin Elbel.