Neuer antiviraler Mechanismus gegen Hepatitis C-Viren entdeckt

02.09.2015 - Deutschland

Mit dem Hepatitis C-Virus sind weltweit etwa 160 Millionen Menschen infiziert. Die erste Infektion verläuft meist unbemerkt – das Virus weicht dem Immunsystem geschickt aus, löst kaum Krankheitszeichen aus und versteckt sich in den Zellen der Leber. Dort vermehrt es sich unbemerkt weiter. Seine zerstörerische Kraft zeigt sich erst nach einigen Jahren: Es schädigt die Leberzellen und verursacht schwere Lebererkrankungen. HCV-Infektionen sind die häufigste Ursache für Lebertransplantationen. Wissenschaftler des TWINCORE haben nun einen Faktor untersucht, den unser Körper für die Abwehr von Viren nutzt – und sie erforschen, wie dieser sich eventuell verstärken lässt, um unser Immunsystem bei der Abwehr des Hepatits C-Virus zu unterstützen.

Die erste Abwehrreaktion unseres Körpers gegen Krankheitserreger wird über den Botenstoff Interferon gesteuert. Wenn uns ein Virus angreift, reagiert unser Immunsystem innerhalb von Stunden mit der Ausschüttung von Interferon. Dieser Signalstoff schaltet daraufhin unterschiedliche Abwehrmechanismen an. „Eine der Wirkungen des Interferons ist, dass unsere Zellen mit dem Enzym Cholesterol-25-hydroxylase das Produkt 25-Hydroxycholesterol herstellen und in den Blutstrom ausschütten“, sagt Eike Steinmann, Leiter der Arbeitsgruppe Virus Transmission am Institut für Experimentelle Virologie des TWINCORE. „Das Enzym und sein Produkt wirken antiviral – auch gegen HCV – und uns sind bisher keine direkten Gegenstrategien von HCV dagegen bekannt.“ Ein guter Grund, genauer hinzusehen.

Um die Mechanismen hinter dieser Abwehrwirkung zu verstehen, haben Eike Steinmann und sein Kollege Anggakusuma Lebergewebsproben von HCV-Patienten und von gesunden Menschen untersucht. Die Wissenschaftler haben sich bei ihrer Untersuchung auf die Aktivität des Gens fokussiert, das den Code für das antivirale Enzym enthält. Die Ergebnisse bestätigen: Eine Infektion mit Hepatitis C-Viren löst die Bildung von Cholesterol-25-hydroxylase aus – eine Reaktion, die allerdings im normalen Infektionsverlauf nicht ausreicht, um das Virus zu stoppen, da es eine ganze Reihe von Schutzmechanismen gegen unser Immunsystem entwickelt hat. „Wir haben uns der Wirkung des Enzyms und seines Produktes daraufhin in mehreren Forschungsschritten genähert und den Mechanismus erforscht, mit dem das Enzym dem Virus entgegen arbeitet“, sagt Anggakusuma. Die Wissenschaftler konnten letztlich zeigen, dass 25-Hydroxycholesterol die Bildung von sogenannten Membran-Vesikeln verhindert, in denen sich das HCV innerhalb der Leberzellen vermehrt. „Es ist die erste Entdeckung eines interferoninduzierten Enzyms, das auf diese Weise funktioniert.“

Daraus ergeben sich spannende Fragen: Cholesterol-25-hydroxylase ist ein Protein, das unser Körper selbst produziert – lässt es sich und sein Produkt 25-Hydroxycholesterol zu einem antiviralen Medikament weiterentwickeln? Lösen andere Viren eine ähnliche oder sogar gleiche Reaktion aus? Hat das Enzym das Potenzial zu einem antiviralen Medikament mit breitem Wirkspektrum – vergleichbar mit Breitspektrumantibiotika gegen Bakterien? Diesen und weiteren Fragen werden die Forscher am TWINCORE nun nachgehen.

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