Molekularer Spion gegen Krebs

Verfahren zu verbesserter Tumordiagnose erfolgreich erprobt

06.08.2015 - Deutschland

Erstmals konnten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) gemeinsam mit Kollegen der Universität Zürich und der Ruhr-Universität Bochum eine neue Methode für die Tumordiagnose erfolgreich unter realitätsnahen Bedingungen testen. Bei dem Verfahren wird zunächst ein Antikörper als „Spion“ vorausgeschickt, der die erkrankten Zellen aufspürt und an ihnen bindet. Dieser Antikörper zieht wiederum eine radioaktiv markierte Sonde an, die anschließend verabreicht wird. Dadurch konnten die Forscher den Tumor mit einem tomographischen Verfahren deutlich visualisieren. Die Methode könnte in Zukunft die Krebsbehandlung durch innere Bestrahlung verbessern.

HZDR/Pfefferkorn

Krebszelle mit Pre-Targeting Ansatz

Im Labor lassen sich aber auch Antikörper herstellen, die präzise an Tumorzellen binden. So können Antikörper zum Beispiel als Transportmittel für Radionuklide dienen, mit denen sich die betroffenen Regionen visualisieren oder sogar schädigen lassen. Ein Stolperstein war allerdings bisher ihre große molekulare Masse. „Dadurch zirkulieren sie zu lange im Körper, bevor sie zu den erkrankten Zellen gelangen“, erläutert Dr. Holger Stephan vom Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung am HZDR. „Das hat zum einen den Nachteil, dass auch Organe, die nicht von der Krankheit betroffen sind, Strahlung abbekommen. Und zum anderen erschwert es die genaue Lokalisierung des Tumors im Körper, da die Bildgebung unschärfer wird.“

Gemeinsam mit Kollegenwählten die Dresdner Forscher deshalb eine alternative Strategie. „Beim sogenannten Pre-Targeting teilt man die Aufgabe der Antikörper in zwei Schritte“, beschreibt Dr. Kristof Zarschler, der zu Stephans Team gehört, den Prozess. „Im übertragenen Sinn senden wir zuerst Spione voraus, die den Feind – die Tumorzellen – über einen längeren Zeitraum auskundschaften. Deren Position teilen sie danach ihren Truppen, die wir später nachschicken, mit, sodass sie direkt mit den radioaktiven Stoffen dorthin gelangen.“ Als Späher griffen die Forscher auf den Antikörper Cetuximab zurück, der gezielt an den Rezeptor des Epidermalen Wachstumsfaktors (epidermal growth factor receptor, EGFR) bindet.

Den Antikörper kombinierten die Dresdner Forscher mit einem Derivat von Peptid-Nukleinsäuren (PNA), Bei ihren Experimenten injizierten die Wissenschaftler tumortragenden Mäusen zunächst den PNA-EGFR-Antikörper und ließen diesem „Spion“ Zeit, um sich am Tumor zu sammeln. Anschließend verabreichten sie das PNA-Gegenstück, das sie mit dem radioaktiven Element Tc-99m markierten. „Aufnahmen, die wir mit der Einzelphotonen-Emissions-Computer-Tomographie gemacht haben, zeigen, dass sich die beiden Teile schnell gefunden haben“, freut sich Zarschler über das Ergebnis.

Der Tumor konnte so in kurzer Zeit deutlich visualisiert werden. „Darüber hinaus verschwanden die radioaktiv markierten Sonden schon nach 60 Minuten wieder aus dem Blutkreislauf“, erklärt Holger Stephan. „Das minimiert das Risiko einer Strahlenbelastung für gesundes Gewebe im Körper. Durch das Pre-Targeting können somit die Einschränkungen konventioneller, radioaktiv markierter Antikörper überwunden werden.“

„Unsere Resultate zeigen jedoch, dass die untersuchten PNAs geeignete Kandidaten für weitere präklinische Studien sind“, bilanziert Stephan „Wenn sich die Methode bewährt, könnten auf diese Weise auch therapeutisch wirksame radioaktive Substanzen zum Tumor transportiert werden, um ihn von innen zu bestrahlen und so zu schädigen.“

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