Auf der Suche nach dem optimalen Antikörper

Ein Modell beschreibt, wie Antikörper in optimaler Qualität und Quantität entstehen

05.11.2014 - Deutschland

B-Zellen haben eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern. Sie sind für die Produktion von Antikörpern zuständig und sind die einzigen Zellen im Körper, die aktiv ihre DNA mutieren, um neuartige Antikörper zu erfinden. Sie sind so nicht nur in der Lage, Eindringlinge zu erkennen, sondern können diese auch mit für jede Bedrohung maßgeschneiderten Waffen unschädlich machen. Die erfolgreiche Produktion von in Anzahl und Wirksamkeit optimalen Antikörpern unterliegt einer Reihe von Mechanismen. Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig haben nun mit einem mathematischen Modell den bisher einzigen Mechanismus identifiziert, der sowohl Menge als auch Wirksamkeit der Antikörper gleichzeitig stärkt, und dies im „The Journal of Immunology“ veröffentlicht.

©HZI / Meyer-Hermann

In silico-Photoaktivierung von B-Zellen in der dunklen Zone des Lymphknotens und deren anschließende Wanderung in die helle Zone.

Neue Antikörper werden von B-Zellen in den Lymphknoten des Körpers hergestellt. In bestimmten Bereichen der Lymphknoten, den Keimzentren, durchlaufen diese B-Zellen vorher einen Auswahlprozess. Die Immunzellen vermehren sich, mutieren und verändern dabei ihre Antikörper. Am Ende des Optimierungs-Kreislaufs von Mutation und Selektion stehen im Idealfall Antikörper, die bestimmte Strukturen von Krankheitserregern, sogenannte Antigene, optimal binden und möglichst effektiv neutralisieren. „Die B-Zellen durchlaufen einen Evolutionsprozess, um sich immer weiter zu verbessern“, sagt Prof. Michael Meyer-Hermann, Leiter der Abteilung „System-Immunologie“ am HZI.

Bei dem Selektionsprozess durchlaufen die B-Zellen eine Reihe von Auswahlverfahren. Jedes dieser Verfahren kann man verstärken oder abschwächen. „Die Wirkung kann man intuitiv verstehen: Wenn man den Selektionsdruck verstärkt, führt dies zu weniger Antikörpern, aber dafür sind diese von sehr guter Qualität. Schwächt man den Selektionsdruck ab, ist es umgekehrt, man erhält mehr Antikörper von schlechterer Qualität.“ sagt Meyer-Hermann. Sowohl Masse als auch Klasse mit einem Verfahren zu produzieren, ist der evolutionäre Idealfall. Bisher ging man davon aus, dass es diesen so nicht gibt.

In einem mathematischen Modell simulierte Meyer-Hermann die verschiedenen evolutionären Prozesse, die die B-Zellen während der Antikörperproduktion durchlaufen. Die Wissenschaftler wollten damit herausfinden, inwiefern sich die einzelnen Verfahren positiv auf die Selektion auswirken. „Tatsächlich konnten wir zeigen, dass von den drei untersuchten Regulationsprinzipien eines eine rein positive Wirkung aufweist“, sagt Meyer-Hermann.

Als nächstes müssten nun Immunologen den zugrunde liegenden Mechanismus mit Hilfe von Experimenten aufspüren und verstehen. „Sollte das gelingen, könnte man die Antikörperproduktion mit individuell angepassten Medikamenten gezielt steuern und so die Effizienz der körpereigenen Immunabwehr je nach medizinischem Kontext entweder unterstützen oder unterdrücken“, sagt Meyer-Hermann. Diese Arbeit ist ein Beitrag zu dem vom BMBF geförderten eMED Projekt SYSIMIT, in dem es darum geht, die Abstoßung von Transplantaten früh zu erkennen und zu verhindern. Langfristig könnten die neuen Erkenntnisse auch zur Entwicklung personalisierter Therapien führen, weswegen Meyer-Hermanns Forschung unter anderem von der iMed-Initiative für personalisierte Medizin der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert wird.

Originalveröffentlichung

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