Eine Frage der Zubereitung: chemische Reaktivität von Glucosinolaten in Lebensmitteln
Glucosinolate bestehen aus einem Glucose-Molekül und einer schwefelhaltigen Atomgruppe, über die verschiedenste Arten von Seitenketten gebunden sein können. Die Pflanze nutzt diese Stoffe und deren Abbauprodukte als Abwehr gegen Fressfeinde und mikrobiellen Befall. Für Menschen werden positive Gesundheitseffekte berichtet. So zeigen viele dieser Stoffe antibiotische, entzündungshemmende, krebsvorbeugende sowie Antitumor-Wirkungen. Eine wichtige Gruppe von Abbauprodukten sind z.B. Isothiocyanate. Studien sprechen dafür, dass diese Verbindungsklasse in verschiedenen Stadien der Krebsentstehung entgegenwirken. Umgekehrt wurde aber auch berichtet, dass sie DNA-Mutationen und Krebs auslösen sollen.
Der übermäßige Genuss von Kohlsorten soll die Kropfbildung fördern. „Allerdings nur bei deutlicher Jodmangelernährung“, stellt Franziska Hanschen klar. „Problematischer scheint, dass einige der Abbauprodukte auch mit Proteinen reagieren können und die Bioverfügbarkeit von Aminosäuren beeinträchtigen. Bei vegetarischer Ernährung könnte ein Proteinmangel gefördert werden.“
„Informationen zur Bioaktivität von Glucosinolaten sind aber nur dann von Nutzen, wenn man weiß, welche Verbindungen bei der Verarbeitung gebildet und anschließend verzehrt werden“, so Hanschen. „Je nach Art der Zubereitung kann ein sehr unterschiedliches Profil an Abbauprodukten entstehen.“ Gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren und Erfurt e.V., dem Universitätsklinikum Freiburg und der Universität Hamburg hat sie jetzt eine umfassende und detaillierte Übersicht über die chemische Reaktivität verschiedener Glucosinolate und ihrer Abbauprodukte während der Lebensmittelzubereitung zusammengestellt.
Der Abbau der Glucosinolate startet, sobald die Zellen des Gemüses z.B. durch Zerkauen oder Schneiden aufgebrochen werden, da die dann in Kontakt mit Myrosinase kommen, einem pflanzeneigenen Enzym. Während die Glucosinolate beim Dampfgaren größtenteils erhalten bleiben, können beim Blanchieren mehr als 50% ausgelaugt werden. Starkes Erhitzen inaktiviert die Myrosinase und damit den enzymatischen Abbau. Stattdessen finden vermehrt chemische Abbauprozesse statt, die von diversen Faktoren abhängen, wie etwa dem pH-Wert, der Konzentration an Eisenionen oder dem Wassergehalt der Pflanze. Bei milder Wärmebehandlung werden mehr Isothiocyanate gebildet als bei längerem starkem Erhitzen.
„Die hohe Zahl heterogener Abbau- und Reaktionsprodukte, die zur Bioaktivität beitragen könnten, erschwert eine Risiko/Nutzen-Abwägung“, so Hanschen. „Weitere systematische Untersuchungen der beteiligten chemischen Mechanismen und vorhandenen Inhaltsstoffe sind notwendig.“
Originalveröffentlichung
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Biotechnologie, Pharma und Life Sciences bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.