Ebola-Mittel «ZMapp» ist heiß begehrt - zur Verwunderung von Experten
«ZMapp» nicht zwingend erste Wahl: Welche Ebola-Mittel es gibt
(dpa) Plötzlich wollen alle «ZMapp». Nachdem ein paar Patienten aus Industrieländern den experimentellen Wirkstoff erhalten haben, wollen nun auch Liberia und Nigeria das Präparat. Das Problem: Von dem Wirkstoff gab es nur eine Handvoll Dosen, und die sind vergeben. Und niemand weiß, ob das Mittel, das bislang nur an Tieren erprobt wurde, Menschen überhaupt hilft - und welche Nebenwirkungen es hat. «Ich kann nur zu Vorsicht raten», mahnt Prof. Stephan Becker von der Universität Marburg.
Der Hype um das zuvor nur an Affen getestete Mittel erstaunt den Virologen, vor allem angesichts der von Anfang an winzigen Vorräte. «ZMapp» wurde - wie fast alle Ebola-Mittel - mit Unterstützung des US-Verteidigungsministeriums entwickelt. Insbesondere nach den Anschlägen mit Milzbrand-Erregern 2001 wollten sich die USA gegen jede erdenkliche Form von Bioterrorismus wappnen.
Das Mittel besteht aus drei Antikörpern, die an Ebola-Proteine binden. Sie sollen es dem Immunsystem ermöglichen, infizierte Zellen zu eliminieren. Produziert werden die Antikörper in gentechnisch veränderten Tabakpflanzen. Doch die Herstellung dauert Monate.
Der Rummel um «ZMapp» ist umso erstaunlicher, als es ein zweites Präparat gibt, das Affen ähnlich gut hilft. Die Sicherheit von «TKM-Ebola» wurde sogar schon an einigen wenigen Menschen geprüft, zudem könnte das Mittel schneller produziert werden.
Der Immunologe Thomas Geisbert von der University of Texas in Galveston hält «TKM-Ebola» für die beste Behandlungsoption. Das von einer kanadischen Firma hergestellte Mittel zählt zu den sogenannten siRNAs (small interfering RNAs). Diese sollen sich an die Messenger-RNA (mRNA) anlagern, die in der Zelle DNA-Informationen zum Bau von Proteinen weitergibt. Das Andocken der siRNAs an bestimmte mRNA-Sequenzen soll den Bau von Proteinen verhindern, die das Ebola-Virus braucht.
Ein von Geisbert geleiteter Test zeigte, dass das Mittel infizierte Primaten vor Ebola schützt. Eine Studie, die die Sicherheit am Menschen prüfen sollte, startete im Januar, wurde jedoch im Juli von der US-Zulassungsbehörde FDA gestoppt. Nun darf die Studie - unter Auflagen - weiterlaufen.
«Zmapp» und «TKM-Ebola» seien die einzigen Medikamente, für die ein kompletter Schutz nach Infektion mit dem Zaire-Ebolavirus - dem in Westafrika zirkulierenden Erreger - an Primaten nachgewiesen sei, betont Geisbert.
Neben diesen Medikamenten, die erkrankten Menschen helfen sollen, richten sich die Hoffnungen auf zwei vorbeugende Impfstoffe. Sie sollen dafür sorgen, dass Patienten Antikörper gegen ein Erreger-Protein entwickeln und so das Immunsystem für die Abwehr von Ebola schulen. Beide Vakzine wurden schon vor Jahren ausgiebig an Tieren getestet.
Dass Tests am Menschen bislang ausblieben, führt Becker auch darauf zurück, dass Pharmafirmen für diese Mittel keine rentablen Märkte sahen. Nun scheint die Ebola-Epidemie die Erforschung voranzutreiben.
Kürzlich kündigten Vertreter der US-Gesundheitsinstitute NIH an, im September eine Studie mit einem Impfstoff zu starten, der ein verändertes Adenovirus als Plattform benutzt. Die Studie könne bis Juli 2015 abgeschlossen sein, hieß es.
Das andere, in Kanada entwickelte Vakzin nutzt ein VS-Virus (vesicular stomatitis virus) als Basis. VSV-EBOV könnte ab Herbst vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung an Menschen getestet werden, falls genügend Impfdosen zur Verfügung stehen - und sich Geldgeber finden. «Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, könnte die Studie in zwei Monaten starten», sagt Becker.
Das Projekt soll dann zunächst mit etwa 20 Teilnehmern beginnen. Dazu könnten Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen und andere Helfer zählen. Sollten erste Ergebnisse überzeugen, könnte es auf Afrika ausgedehnt werden. «Die Studie sollte möglichst bald anlaufen», sagt Becker.
Unterstützung erhält er von Prof. Klaus Cichutek. Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts plädiert «ganz intensiv dafür, jetzt zeitnah mit Impfstoff-Kandidaten, die im Tierversuch eine gute Wirksamkeit gezeigt haben, in klinische Prüfungen einzusteigen».