Bluttest zur Erkennung von Darmpolypen: Experten raten von Einsatz ab

15.07.2014 - Deutschland

Die Zeitschrift "Journal of Translational Medicine" publizierte vor einigen Monaten einen Artikel, an dessen Erstellung auch Wissenschaftler der Universität Leipzig beteiligt waren. Darin geht es um einen Bluttest zur Erkennung von Darmpolypen, der von der Leipziger Firma Indago GmbH angeboten wird. Auch das Magazin "Der Spiegel" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe (29/2014) darüber. Eine Expertenkommission der Universität Leipzig hat sich mit der Publikation befasst und ist zu einem eindeutigen Schluss gekommen: Der Bluttest sei wegen seiner unzureichenden Treffsicherheit und der fehlenden Qualitätskontrolle für eine valide labormedizinische Diagnostik ungeeignet.

"Die Herstellung der Proben ist nicht nachvollziehbar. Wir halten es daher ärztlich und ethisch für nicht vertretbar, wenn dieser Test für eine medizinische Diagnostik herangezogen wird", sagt Prof. Dr. Ingo Bechmann, Prodekan der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, der die Kommission einberufen hat. Nach Ansicht der vierköpfigen Expertengruppe sind "die in Broschüren und auf der Internetseite der Herstellerfirma geäußerten Behauptungen zum angeblichen Nutzen des Tests fehlleitend". Sie könnten "zu einer Schädigung durch Fehldiagnostik und zu einer falschen Sicherheit getesteter Personen führen". Die Medizinische Fakultät rät daher klar von dem Einsatz des Bluttests ab und warnt grundsätzlich vor unkritischem Einsatz von klinisch unzureichend geprüften diagnostischen Verfahren, auch wenn sie bereits kommerziell angeboten werden.

Dass es dennoch zu einem Beitrag in einer anerkannten wissenschaftlichen Zeitschrift gekommen ist, versteht Bechmann nicht. "Dieser Beitrag hätte nicht erscheinen dürfen. Wir haben den Herausgeber der Zeitschrift bereits schriftlich um eine Erklärung gebeten."

Prof. Dr. Matthias Schwarz, Prorektor für Forschung und Nachwuchsförderung der Universität Leipzig, hatte im April durch einen umfangreichen Brief eines Konstanzer Wissenschaftlers Hinweise auf Ungereimtheiten bei dem Testverfahren erhalten. Nach einer ersten Sichtung und weiteren Anhaltspunkten durch die "Spiegel"-Recherche bat er Professor Bechmann und seine Kollegen um eine eingehende Prüfung. "Uns muss daran gelegen sein, dass stets alles erdenklich Mögliche für eine wissenschaftliche Qualitätssicherung getan wird. Entsprechende Mechanismen wie das Peer-Review-Verfahren bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen haben in diesem Fall offenbar versagt."

Zwar habe der Beitrag der beteiligten Leipziger Uni-Forscher von der Medizinischen Fakultät und dem Translationszentrum für Regenerative Medizin "vor allem in einer wissenschaftlichen Dienstleistung, nämlich der Bildauswertung" bestanden, die Wissenschaftler hätten also nicht den fragwürdigen Bluttest entwickelt. Dennoch müsse auch die Universität Lehren aus dem Fall ziehen, sagt Schwarz. "Gerade wenn es um gemeinsame Projekte mit Unternehmen geht, vor allem bei Dienstleistungen, muss den beteiligten Forschern und anderen Mitarbeitern klar sein, dass sie mindestens die für das Thema am Ort ansässigen wissenschaftlichen Experten einbeziehen müssen. Damit erhalten sie dringend notwendige Informationen darüber, in welchem wissenschaftlichen Kontext sie sich mit ihrer Arbeit bewegen. Wir werden vor allem die Führungskräfte unter unseren Wissenschaftlern noch einmal deutlich darauf hinweisen."

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