Magenkrebs-Bakterium: Komplettes Methylom entschlüsselt

Helicobacter pylori: Forscher um MHH-Professor bestimmten erstmals alle methylierten Positionen im Erbgut

24.01.2014 - Deutschland

Etwa 40 Prozent der Deutschen sind chronisch mit Helicobacter pylori infiziert, weltweit sind es sogar mehr als die Hälfte aller Menschen. Die Besiedlung des Magens mit diesem Bakterium führt zu einer chronischen Entzündung der Magenschleimhaut, woraus schwerwiegende Folgen wie Magengeschwüre und -Krebs entstehen können. Trotz jahrelanger intensiver Forschung sind viele Aspekte der Krankheitsentstehung und der Lebensweise dieses Bakteriums noch nicht vollständig aufgeklärt. Einen wichtigen Beitrag konnten nun Wissenschaftler um Professor Dr. Sebastian Suerbaum, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), leisten. Sie veröffentlichten in der Fachzeitschrift „Nucleic Acids Research“ erstmals eine genomweite Kartierung der Methylierungs-Muster von Helicobacter pylori.

„Bei der Methylierung werden kleine chemische Bausteine, sogenannte Methylgruppen, durch bestimmte Enzyme an spezifische Stellen der DNA angefügt. DNA-Methylierung ist in sehr vielen verschiedenen Lebewesen von Bakterien bis hin zum Menschen vorhanden und erfüllt wichtige biologische Funktionen“, erläutert Professor Suerbaum. Sein Team kooperierte für die Arbeiten mit dem Nobelpreisträger Sir Richard J. Roberts und mit Dr. Jonas Korlach, einem der Erfinder der im Projekt eingesetzten neuen SMRT-Sequenzierungstechnologie, beide arbeiten in den USA, sowie Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH in Braunschweig. Die Forscher nutzten dabei die sogenannte „Single Molecule Real-Time“-(SMRT) Sequenzierungsmethode, mit der DNA-Methylierung genomweit schnell und sehr zuverlässig analysiert werden kann. Ähnlich einer Landkarte konnten die Wissenschaftler damit erstmals eine exakte Bestimmung jeder methylierten Position im Erbgut des Magenbakteriums vornehmen. Die finanziellen Mittel für die Durchführung des umfangreichen Projekts wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) 900 sowie vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) eingeworben.

Die für die Methylierung verantwortlichen Enzyme, sogenannte Methyltransferasen, sind Bestandteil von Restriktions-Modifikations-Systemen (RM-Systemen). Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bakterien, fungieren als primitives bakterielles Immunsystem. Helicobacter pylori zeichnet sich durch eine ungewöhnlich hohe Anzahl an unterschiedlichen RM-Systemen aus, wobei jedoch nicht alle Enzyme aktiv sind. „Für uns ist es interessant, welche RM-Systeme aktiv sind, weil diese auch am Austausch von Erbinformationen zwischen Stämmen des Bakteriums beteiligt sind“, sagt Professor Suerbaum. Dank dieses Austausches sind die Bakterien genetisch sehr vielfältig: Fast jeder Infizierte trägt „seinen“ individuellen Helicobacter-Stamm. Das Team um Professor Suerbaum hatte zuvor bereits erforscht, wie sich das Erbgut der Bakterien im Verlauf der Infektion verändert und an den Menschen anpasst.

Jede Methyltransferase erkennt einen bestimmten Abschnitt der DNA, und diese Erkennungssequenzen sind vergleichbar mit kurzen Wörtern. „Wir haben nun viele bisher unbekannte Erkennungssequenzen für die Methyltransferasen gefunden und in Experimenten die Enzyme identifiziert, die für Methylierung verantwortlich sind“, erklärt Professor Suerbaum. Die Forscher entdeckten zudem ganz neue Eigenschaften einiger Enzyme, die einen wichtigen Einfluss auf das Verständnis der Wissenschaft für die RM-Systeme haben. Diese Erkenntnisse liefern die Grundlage für neue Forschungsprojekte, die sich mit der Rolle von spezifischen Methyltransferasen zur Regulierung der Gen-Aktivität und der Wechselwirkung mit dem Menschen befassen.

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