Wie kommen Folate ins Gehirn?

Wissenschaftler der UMG klären Mechanismus, wie Folate ins Gehirn transportiert werden

25.11.2013 - Deutschland

Ohne Folate (Vitamin B9) läuft bei der Entwicklung des Gehirns von Kindern einiges schief. Eine mangelhafte Versorgung mit dem lebenswichtigen Nahrungsbestandteil in den frühen Jahren der Kindesentwicklung hat Folgen: Betroffene Kinder sind oft bereits im dritten Lebensjahr deutlich in ihrer Entwicklung zurück. Sie haben schwerwiegende Bewegungsstörungen und häufig epileptische Krampfanfälle. Eine mögliche Diagnose lautet "cerebrale Folattransportdefizienz". Seit kurzem erst lässt sich diese seltene Erbkrankheit erkennen, die durch Mutationen im FOLR1-Gen verursacht wird und zu einer Störung des Folattransports über die Blut-Liquor-Schranke führt. Daraus ergibt sich ein Folatmangel im Gehirn und es kommt zu einer Hirnschrumpfung und zu einer Störung der weißen Hirnsubstanz. Unbehandelt führt die Erkrankung zu einem fortschreitenden Verlust von geistigen und motorischen Fähigkeiten.

Ein interdisziplinäres Forscherteam unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Robert Steinfeld, Abteilung Neuropädiatrie in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), hat jetzt einen Ansatz für eine künftige Behandlung gefunden. Erstmals konnten die Forscher klären, über welchen Mechanismus die lebenswichtigen Folate bei gesunden Menschen ins Gehirn transportiert werden. Beteiligt waren Wissenschaftler der Göttinger Max-Planck-Institute für Experimentelle Medizin und Biophysikalische Chemie, des Zentrums für Molekulare Neurobiologie Hamburg, des Instituts für Biochemie der Universität Münster sowie des Instituts für Chemie der Purdue University in den USA. Die Ergebnisse der Forschungen sind veröffentlicht in der Juli-Ausgabe der Zeitschrift "NATURE COMMUNICATIONS".

"Als wir mit dem Projekt begonnen haben, war die gängige Vorstellung vom Folattransport ins Gehirn eine völlig andere. Aber unsere experimentellen Daten passten einfach nicht zu diesem Modell. Nur durch aufwendige mikroskopische Techniken und durch Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern konnten wir das Problem lösen", sagt Prof. Steinfeld, Senior-Autor der Publikation aus der Abteilung Neuropädiatrie in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der UMG. Die Ergebnisse der Forschungen: Folate werden mittels des Folatrezeptors alpha vom Blut durch die Plexus choroideus-Zellen in den Liquor transportiert. Folatrezeptor alpha wird dabei gebunden an kleine Vesikel in den Liquor (Nervenwasser) abgegeben. Diese Vesikel (Exosomen) dienen als Transportvehikel für Folate in das Gehirngewebe.

"Die Entschlüsselung dieses ungewöhnlichen Transportwegs hat Konsequenzen für die Behandlung aller Erkrankungen, die mit einem Mangel an Folaten im Gehirn einhergehen", sagt Prof. Steinfeld. Die Erkenntnisse bieten die Grundlage für die Entwicklung geeigneter Behandlungsformen für alle Erkrankungen, die mit einem Folatmangel im Gehirn einhergehen. Die Forscher vermuten, dass auch andere lebenswichtige Nährstoffe und biologische Substanzen auf diese Art ins Gehirn transportiert werden. Der Transportweg könnte ein grundlegender Mechanismus für den zellulären Austausch von biologischen Substanzen sein.

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