Gezielter impfen

Verbesserte Immunantwort gegen intrazelluläre Erreger

04.09.2013 - Deutschland

Wissenschaftlerinnen des TWINCORE ist es gelungen, die Aufmerksamkeit des Immunsystems mit einer speziellen Impfung auf intrazelluläre Infektionen zu lenken. Gegen Krankheitserreger, die sich innerhalb unserer Zellen vermehren, gibt es bislang keine ausreichend wirksamen Impfstoffe – mit einer neuen Impfstrategie sind die Wissenschaftlerinnen einen wichtigen Schritt zu neuen Impfkonzepten gegen intrazelluläre Infektionen wie Tuberkulose oder Listeriose gegangen.

Dendritische Zellen sind Immunzellen, die in unserem Körper ständig auf Patrouille sind. „Dendritische Zellen besitzen auf ihrer Oberfläche unterschiedliche Rezeptoren, an die sich Krankheitserreger oder Fremdkörper anheften. Die Zellen nehmen diese Stoffe auf, verarbeiten und präsentieren sie anderen Immunzellen“, erklärt Christina Hesse, Wissenschaftlerin am Institut für Infektionsimmunologie des TWINCORE. „Sie sind dadurch in der Lage die Immunantwort zu steuern.“ Sie beeinflussen, welche Immunzellen gebildet werden, wogegen sie sich richten und wie stark die Reaktion ausfällt. Das Immunsystem merkt sich diese Eindringlinge und kann dann bei einer erneuten Infektion schneller reagieren. Die Wissenschaftlerinnen nutzen nun diese Steuerungsfunktion der Dendritischen Zellen aus: Sie liefern gezielt Bausteine von Erregern, so genannte Antigene, an diese Dendritischen Zellen. Dadurch rufen sie eine Immunantwort hervor, die sich sowohl gezielt gegen intrazelluläre Erreger richtet, als auch langfristig im Gedächtnis des Immunsystems haften bleibt.

Als „Lieferadresse“ verwenden die Forscherinnen den menschlichen Rezeptor DC-SIGN. Hierzu verwenden sie genetisch veränderte Mäuse, die diesen humanen Rezeptor auf ihren Dendritischen Zellen bilden, so dass die Wissenschaftlerinnen im Organismus eine vollständige Impfreaktion verfolgen können. „Wir haben ein Modellantigen – also den Baustein gegen den wir impfen wollen – an einen für DC-SIGN spezifischen Antikörper gebunden und damit geimpft“, erläutert Wiebke Ginter, ebenfalls Wissenschaftlerin am Institut für Infektionsimmunologie. „So haben wir gezielt dafür gesorgt, dass verstärkt für das Antigen spezifische CD8+ T-Zellen gebildet werden.“ Diese CD8+ T-Zellen sind zuständig für das Töten infizierter oder krankhaft veränderter körpereigener Zellen – also genau die T-Zellen, die für die Abwehr intrazellulärer Krankheitserreger benötigt werden.

Das Modellantigen, das die zwei Wissenschaftlerinnen als Impfstoff verwendet haben, ist Ovalbumin, das Eiweiß, aus dem Hühnereiklar vorwiegend besteht. Nach dieser - auf den einen Rezeptor ganz speziell zugeschnittenen – Ovalbumin-Impfung haben die Wissenschaftlerinnen die Mäuse mit dem intrazellulären Erreger Listeria monocytogenes infiziert. Ihre Listerien sind genetisch verändert und produzieren Ovalbumin, so dass dieses Listerien-Ovalbumin von den infizierten Körperzellen auf der Oberfläche präsentiert wird. „Das Immunsystem hat nach der Impfung eine sehr spezifische Immunantwort erzeugt, die sich gezielt gegen die Zellen richtet, in die sich das Ovalbumin-produzierende Listeria monocytogenes eingeschleust hat“, sagt Prof. Tim Sparwasser, Leiter des Instituts für Infektionsimmunologie. „Damit haben wir durch unseren translationalen Ansatz eine wichtige Hürde genommen. Wir können erstmals Dendritische Zellen – und damit das Immunsystem – direkt über den humanen Rezeptor DC-SIGN innerhalb eines lebenden Organismus ansteuern. Somit können wir nun über neue Impfstoffe gegen so verheerende Infektionen wie Tuberkulose nachdenken, für die es bislang keinen wirksamen Impfschutz gibt.“

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