Tickende Bombe im Bauch: Aortenaneurysma im Hybrid-OP sicher behandeln

29.04.2013 - Deutschland

Der Riss einer erweiterten Bauchschlagader, eines sogenannten Bauchaortenaneurysmas (AAA), birgt tödliche Gefahr: Etwa die Hälfte dieser Patienten erreicht das Krankenhaus nicht mehr lebend. Aber auch eine vorbeugend durchgeführte Operation ist nicht ohne Risiko. Doch in sogenannten Hybrid-OP-Sälen lassen sich gefäßchirurgische Patienten jetzt noch sicherer behandeln. In Kombination mit individuell angepassten Gefäßprothesen und weiterentwickelter Kathetertechnik hat sich das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten nun stark erweitert.

Ab einem Alter von 60 Jahren haben Studien zufolge etwa 2,5 Prozent der Männer und 0,5 Prozent der Frauen über 60 Jahren ein AAA – meist, ohne davon zu wissen. Platzt die krankhafte Aussackung der Bauchschlagader, kann der Patient in kürzester Zeit innerlich verbluten. Doch mit einer Ultraschall-Untersuchung ist die Diagnose im Vorfeld leicht zu stellen. „Ab einem Durchmesser des AAA von etwa fünf Zentimetern raten wir zur Operation“, sagt Professor Debus, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) ist. „Je nach Alter und Gesundheit des Patienten greifen wir dabei auf unterschiedliche Techniken zurück.“

Die klassische Operation über einen großen Schnitt in der Bauchdecke weist nach aktueller Studienlage das beste Langzeitergebnis auf. Hierbei überbrückt der Gefäßchirurg die Schwachstelle in der Schlagader, indem er eine Kunststoffprothese einnäht. „Der Eingriff ist für die Patienten jedoch belastend, die Erholungszeit ist lang“, erläutert der Hamburger Gefäßchirurg Professor Dr. med. E. Sebastian Debus. Deshalb komme sie nur für etwa 30 bis 40 Prozent der Betroffenen in Frage. „Denn in der AAA-Chirurgie haben wir es überwiegend mit systemerkrankten Risikopatienten zu tun“, so der Gefäßchirurg. Sie sind älter und leiden häufig unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes. „Bei diesen 60 bis 70 Prozent empfehlen wir als schonende Alternative die endovaskuläre Kathetertechnik.“ Hierbei schiebt der Gefäßchirurg das Aortenimplantat über einen kleinen Zugang in der Leiste in die Blutbahn. Unter Röntgenkontrolle platziert er es in der Schlagader. Dabei muss er anatomische Hindernisse überwinden: „Man kann sich die Bauchschlagader wie ein verkalktes, gewundenes Wasserrohr vorstellen“, erläutert Debus. Zudem zweigten lebenswichtige Gefäße für Darm, Nieren, Leber und Rückenmark von ihr ab, die unbedingt geschont werden müssten. Doch dank sogenannter Hybrid-OPs könnten Gefäßchirurgen heute selbst schwierigste endovaskuläre Aorten-Eingriffe schonend und mit guten Erfolgsaussichten vornehmen. Dieser mit hochauflösender Röntgentechnik ausgestattete moderne Operationssaal erlaubt es Ärzten gleichzeitig zu operieren und zu durchleuchten. Treten Komplikationen auf, können Gefäßchirurgen sofort das Vorgehen ändern und die Bauchdecke eröffnen. Zudem lassen sich Gefäßprothesen der neuesten Generation individuell anpassen, das Material ist gleitfähig, biegsam und noch haltbarer. Hinzu kommt eine verbesserte Kathetertechnik, die – von der Leiste aus – selbst feinste Steuerungsprozesse im Gefäßsystem ermöglicht. Einen Nachteil habe das endovaskuläre Verfahren jedoch: Im Gegensatz zur offenen OP-Methode sei eine regelmäßige, oft lebenslange Überwachung der Patienten nötig, da diese Prothesen durch Eigenspannung verankert werden und daher im Einzelfall verrutschen können.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Weitere News von unseren anderen Portalen

So nah, da werden
selbst Moleküle rot...