Herzschwäche: Bahnbrechende Entwicklungen in der mechanischen Pumpunterstützung
Neu sind vor allem Einsichten in die Bedeutung genetischer Faktoren. Dass Erkrankungen des Herzmuskels und eine Veranlagung zur Herzinsuffizienz in vielen Fällen erblich sind, hat praktische Konsequenzen. Prof. Katus: „Wenn es in der Familie einen einzigen Fall von Herzmuskelschwäche gibt, sollten sich alle Verwandte ersten Grades untersuchen lassen.“ Das geschieht mittels einer schmerzlosen und ungefährlichen Ultraschalluntersuchung. Die Erkrankung kann so bereits in einem Stadium diagnostiziert werden, in dem sie noch keine Symptome verursacht.
Frühe Diagnose, bessere Überlebenschancen
Prof. Katus: „Die frühe Diagnose ist deshalb wichtig, weil die heute verfügbaren Standard-Therapien das Risiko, an der HI zu versterben, deutlich reduzieren können. Es stehen heute mehrere Gruppen von Medikamenten zur Verfügung: ACE-Hemmer, Beta-Blocker, Diuretika und Aldosteron-Antagonisten. Werden diese Therapien Leitlinien-gerecht eingesetzt, lässt sich die Sterblichkeit infolge HI um rund die Hälfte reduzieren. Die Behandlung der Patienten erfordert jedoch enge interdisziplinäre Zusammenarbeit. Denn wenn der Herzmuskel nicht mehr richtig pumpen kann, sind davon auch alle anderen Organe betroffen. So kommt es zum Beispiel häufig zu Störungen der Nierenfunktion, des Magen-Darmtrakts, des Skelettmuskels oder zu Depressionen, die von den jeweiligen Spezialisten behandelt werden müssen.“
Auf dem Weg zur individualisierten Therapie
Leider sprechen bei weitem nicht alle Patienten ausreichend gut auf diese Therapie an. Die Folge ist dann ein fortschreitendes Versagen des Herzmuskels. Neue Entwicklungen sind daher gefragt. „Weil wir die verschiedenen Ursachen der Krankheit immer besser verstehen, zeichnen sich auch neue therapeutische Optionen ab, die über die Standard-Therapie hinausgehen. Durch neue molekulare Diagnoseverfahren wird man in Zukunft besser zwischen verschiedenen Ursachen und Formen der Herzmuskelschwäche differenzieren können und damit einen Schritt in Richtung einer individualisierten Therapie machen“, sagt Prof. Katus. Erste in der Praxis relevante Konsequenzen bringt zum Beispiel die Identifikation einer Kardiomyopathie, die durch eine Mutation des Kerneiweiß Lamin bedingt ist. Betroffene haben ein hohes Risiko, an einem plötzlichen Herztod zu versterben, und müssen frühzeitig mit einem Defibrillator behandelt werden.
Bahnbrechende Entwicklungen bei Kunstherzen
„Bei weit fortgeschrittener HI stand uns bislang nur die Herztransplantation zur Verfügung“, so Prof. Katus. „Nun zeichnen sich aber auch bahnbrechende Entwicklungen in der mechanischen Pumpunterstützung des Herzens ab. Es gibt immer bessere Möglichkeiten, Patienten auch mit Kunstherzen zu versorgen. Der Einsatz dieser Herzunterstützungs-Systeme erfordert jedoch auch den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur zur Betreuung dieser Patienten.“
28 Millionen Menschen mit Herzinsuffizienz
Von Herzinsuffizienz sind etwa 28 Millionen Menschen weltweit und 6,5 Millionen in Europa betroffen. Pro Jahr kommen in Europa 600.000 neue Fälle hinzu. Die HI beeinträchtigt die Lebensqualität schwer – bis hin zur Invalidität und erzeugt enorme Kosten (in den USA 2010: 24 Milliarden USD pro Jahr). 50 Prozent der Patienten mit der Diagnose symptomatische HI sterben innerhalb von 4 Jahren, über 50 Prozent der Menschen mit „schwerer“ HI innerhalb eines Jahres.
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