Werkzeug für die Hirnforschung

06.03.2013 - Deutschland

Fortschritte in der Hirnforschung hängen stark davon ab, dass die Untersuchungsinstrumente immer präziser werden. Mit der Entwicklung neuartiger hochauflösender Fasermikroelektroden und Signalanalyse-Software zur Messung der neuronalen Interaktion im Gehirn befasst sich ein Projekt der Technischen Hochschule Mittelhessen und der Gießener Thomas Recording GmbH. Projektleiter am Fachbereich Krankenhaus- und Medizintechnik, Umwelt- und Biotechnologie ist Prof. Dr. Thomas Schanze. Für das Forschungsvorhaben erhält die TH Bundesmittel in Höhe von 175.000 Euro.

Neurowissenschaftler können für elektrophysiologische Untersuchungen des Gehirns heute auf Fasermikroelektroden zurückgreifen, die mit vier voneinander isolierten Ableitkontakten Aktivitäten von Neuronen messen. Die Leistung dieser Tetroden wollen die Projektpartner mit ihrer Neuentwicklung fast verdoppeln. Sie arbeiten an Heptoden, das sind Fasermikroelektroden, die bei einem Durchmesser von 0,1 Millimetern mit sieben voneinander isolierten Mikrokontakten messen. Sie bestehen aus Quarzglas und nutzen Platin als Innenleiter.

„Man kann Hirnaktivitäten in einem Elektroenzephalogramm darstellen und erhält summarische Werte. Die Messgenauigkeit unserer Heptoden verhält sich dazu ungefähr so wie die eines Rasterelektronenmikroskops zu der einer Lupe“, erläutert Dirk Hoehl, Technischer Leiter bei Thomas Recording.

Eine Hauptaufgabe der Entwicklung wird darin liegen, trotz der hochauflösenden Messung Signalüberlagerungen der einzelnen Ableitkontakte zu vermeiden beziehungsweise bestmöglich zu nutzen. Anspruchsvoll, so Schanze, sei auch die Verarbeitung der gewonnenen Daten. Die unterschiedlichen Signale müssen von einer Software verarbeitet und einzelnen Neuronen zugeordnet werden.

Laut Firmenchef Uwe Thomas wird das neue System aus einem Multielektrodenmanipulator bestehen, der bis zu 16 Heptoden mit einer Präzision von einem tausendstel Millimeter unabhängig voneinander im Gehirn positioniert. Trotz der eng zusammenliegenden Kontakte soll das Gesamtsystem hinsichtlich Empfindlichkeit und Rauschabstand mindestens die gleiche Qualität wie das herkömmliche Tetrodensystem besitzen.

„Das neue Präzisionsinstrument wird helfen, die Signalverarbeitung im Gehirn besser zu verstehen“, sagt Thomas Schanze. „Wir erhalten Informationen über die Aktivitäten einzelner Nervenzellen und können sie zeitlich auf die Millisekunde genau zuordnen. Wir werden so tiefere Erkenntnisse darüber gewinnen, wie die Zellen kommunizieren. Das verbessert die Chancen, Methoden zur Behandlung neuronaler Krankheiten zu entwickeln.“ Nützlich könnten die Erkenntnisse für Parkinsonkranke sein, wenn Signale identifiziert werden, die den Tremor verursachen. Für die Entwicklung von Sehprothesen sei es wichtig zu verstehen, wie die Signale des Auges vom Gehirn verarbeitet werden.

Das Projekt hat eine Laufzeit von zwei Jahren. Es wird im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand gefördert. Damit unterstützt das Bundeswirtschaftsministerium Kooperationsvorhaben zur Entwicklung neuer Produkte und Verfahren, bei denen kleine und mittelständische Unternehmen mit Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten.

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