Foto aus dem Mikrokosmos: Wirkstoff-Taxi für Medikamente sieht aus wie Mais

15.10.2012 - Deutschland

Blick in die Nano-Welt: Saarbrücker Forscher machen den Prototypen eines Wirkstofftaxis sichtbar, mit dem sie den Transport von Arzneistoffen in Lungenzellen testen wollen. Für die Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme erhielten die Wissenschaftler um Juniorprofessor Marc Schneider und Professor Claus-Michael Lehr den zweiten Preis im bundesweiten Fotowettbewerb "Nano-Momente 2012“.

Foto: Marc Schneider/cc-NanoBioNet/Deutscher Verband Nanotechnologie

Blick in die Nano-Welt: Saarbrücker Forscher machen den Prototypen eines Wirkstofftaxis sichtbar, mit dem sie den Transport von Arzneistoffen in Lungenzellen testen wollen. Für die Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme erhielten die Wissenschaftler um Juniorprofessor Marc Schneider und Professor Claus-Michael Lehr den zweiten Preis im bundesweiten Fotowettbewerb "Nano-Momente 2012“.

Wie ein Auto sieht es nicht aus, eher wie Mais. Das fanden auch die Doktoranden in der Fachrichtung Pharmazie und färbten die eigentlich schwarz-weiße Mikroskop-Aufnahme gelb und grün ein. Zu sehen ist auf dem Bild tatsächlich ein Mikro-Taxi mit winzigen Partikeln, die den Arzneistoff in die Zellen, in diesem Falle in Lungenzellen, liefern soll.

Medizin kann nur heilen, wenn die Arzneistoffe dort ankommen, wo sie wirken sollen. Vor allem, um den Körper vor Krankheitserregern zu schützen, hat die Natur jedoch ausgefeilte Hindernisse aufgebaut, so genannte biologische Barrieren wie die Schleimhäute der Atemwege. Sie erschweren es auch den Wirkstoffen, an ihren Zielort zu gelangen.
Mit der Lösung solcher Transport-Probleme befassen sich Wissenschaftler in der Fachrichtung Pharmazie der Saar-Universität und am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) auf dem Saarbrücker Campus um Prof. Claus-Michael Lehr und Juniorprofessor Marc Schneider, dessen Fachgebiet die Pharmazeutische Nanotechnologie ist.

Die Aufnahme mit dem Titel „Nanomais“ entstand bei der Entwicklung eines Wirkstofftaxis als Träger von Arzneistoffen. Es handelt sich noch um ein Modell – sozusagen ein Prototyp. Bewährt er sich, werden Wirkstoffe an dieses Taxi gekoppelt und Huckepack in die Zelle geschleust. Dieses Mikro-Taxi soll vor allem den Makrophagen der Lunge entkommen, das sind Fresszellen der Immunabwehr, die dafür zuständig sind, alles abzutransportieren, was nicht in der Lunge verweilen soll. Das Taxi hat also nicht viel Zeit, sein Ziel zu erreichen, bevor es samt dem Wirkstoff entsorgt wird.
Der Taxi-Prototyp, der den Makrophagen entrinnen soll, besteht aus Silica-Partikeln. Der Stoff muss später durch ein lungenfreundliches Material ausgetauscht werden: Die beim fertigen Taxi verwendeten Materialien sind ungiftig und im Körper biologisch abbaubar.

Zur Herstellung des Prototyps wurden Partikel in eine Art Nano-Schablone in Stäbchenform mit vielen kleinen Löchern gefüllt. Die Membran-Schablone löste sich später auf und das geformte Nano-Taxi, das mit seinen zahllosen kleinen Kügelchen an Mais erinnert, blieb zurück. Mit Hilfe dieses Modells testen die Forscher, ob der Arzneimitteltransport funktioniert, ob und wie die Interaktion mit den Zellen abläuft und wie diese beeinflusst werden kann.
Hierbei nutzen die Saarbrücker Wissenschaftler Zellkultur-Modelle: Menschliche oder tierische Zellen werden so angezüchtet, dass sie im Reagenzglas ein lebendes Modell der Barriere bilden, der sie entstammen. Anhand dieser Kopien etwa der Lungenschleimhaut kann untersucht werden, ob Wirkstoffe die biologische Grenze überwinden und wie sie dies bewerkstelligen. Professor Lehr und seinem Team war es 1999 erstmalig weltweit gelungen, menschliche Lungenschleimhaut anzuzüchten.

Beteiligt an den Forschungen, die zum prämierten Foto geführt haben, sind außer Marc Schneider und Claus-Michael Lehr auch die Mitarbeiter Nicole Daum, Clemens Tscheka, Marius Hittinger, Pascal Schommer und Katrin Voos.

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