Entsteht Diabetes bei Kindern bereits in der Schwangerschaft?

28.08.2012 - Deutschland

Wenn kleine Kinder zuckerkrank werden, steckt dahinter meist eine Autoimmunerkrankung: Typ 1 Diabetes. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern wird sich im Jahr 2020 in Europa die Zahl der Neuerkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren im Vergleich zum Jahr 2005 verdoppelt haben. Eine neue Studie soll klären, warum immer mehr Kleinkinder und warum Kinder von Müttern mit Typ 1 Diabetes seltener als Kinder von Vätern mit Typ 1 Diabetes daran erkranken. Die Erkenntnisse sollen langfristig therapeutisch genutzt werden, um die Entstehung von Autoimmunität zu verhindern.

Der Typ 1 Diabetes („jugendlicher“ oder „insulinabhängiger“ Diabetes) kann schon im frühesten Kleinkindalter auftreten. Das körpereigene Immunsystem greift die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse an und zerstört diese. Damit fehlt dem Körper der Botenstoff Insulin, der benötigt wird, um Zucker aus der Nahrung in Energie umzuwandeln. Kinder mit Diabetes müssen sich daher ein Leben lang mehrmals täglich Insulin injizieren. Insbesondere Kinder, die früh erkranken, haben aufgrund der langen Diabetesdauer ein hohes Risiko, langfristig Folgeerkrankungen wie Schädigungen der Augen und Nieren zu erleiden.

Epidemiologische Studien zeigen einen dramatischen Anstieg der Neuerkrankungen, vor allem bei Kleinkindern. Während die Anzahl in Europa für das Jahr 2005 auf 15.000 pro Jahr geschätzt wurde, werden für das Jahr 2020 bereits 24.000 neue Diabetes-Fälle bei Kindern und Jugendlichen erwartet. Dabei gehen Wissenschaftler von einer Verdopplung an Neuerkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren aus.

Kinder von Müttern mit Diabetes haben einen gewissen Schutz

Die Ursachen des Typ 1 Diabetes sind unbekannt, allerdings gelten unter anderem bestimmte Variationen im Erbgut als Risikofaktoren. Kinder, deren Eltern oder Geschwister an Diabetes erkrankt sind, haben ein durchschnittliches Risiko von fünf Prozent, Diabetes zu entwickeln, gegenüber einem Risiko von 0,3 Prozent in der Allgemeinbevölkerung. Interessanterweise ist das Erkrankungsrisiko für das Kind eines betroffenen Vaters oder Geschwisterkindes signifikant höher – je nach Studie zwei- bis dreimal so hoch – im Vergleich zu dem Erkrankungsrisiko, wenn die Mutter an Typ 1 Diabetes erkrankt ist. Auch Diabetes-spezifische Autoantikörper als „Vorboten“ der Erkrankung werden häufiger bei Kindern von Vätern mit Typ 1 Diabetes nachgewiesen.

Warum Mütter mit Diabetes ihren Kindern einen gewissen Schutz vor der Erkrankung mitgeben, ist gänzlich unerforscht. Vermutet wird, dass sich das Immunsystem bei diesen Kindern bereits im Mutterleib unterschiedlich entwickelt und sie dadurch vor der Entstehung von Autoimmunerkrankungen geschützt sind. Die genauen Mechanismen, die zu diesem Schutz führen, könnten der Schlüssel zum Verständnis der Entstehung von Autoimmunität in den ersten Lebensjahren sein. Mit diesem Wissen sollen Strategien entwickelt werden, um die Entstehung von Autoimmunität zu verhindern.

Schwangere Frauen, die selbst oder deren Partner an Typ 1 Diabetes erkrankt sind, können an der Studie teilnehmen. Für die Studie werden außerdem Schwangere gesucht, die bereits ein Kind mit Typ 1 Diabetes haben.

Die Studie wird von der Forschergruppe Diabetes der Technischen Universität München (TUM) und vom Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. med. Anette-Gabriele Ziegler koordiniert.

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