PTB bringt Tumore zum Leuchten

Entwicklung eines neuen optischen Verfahrens für die Krebsdiagnostik

12.07.2012 - Deutschland

Sie machen weiße Wäsche weißer: Leuchtstoffe. Es gibt sie in jedem Haushalt. Auch der Energiesparlampe verhelfen sie zu weißerem Licht. Dazu nehmen sie Strahlung auf und geben sie auf niedrigerem Energieniveau wieder ab. So wird zum Beispiel aus UV-Licht weißes Licht zur Beleuchtung unserer Wohnstube. Fluoreszenz heißt dieses Phänomen. Auch im menschlichen Körper gibt es fluoreszierende Substanzen. In einem Forschungsprojekt ist es jetzt gelungen, die Anreicherung eines solchen körpereigenen Leuchtstoffes in Krebszellen auszulösen und diese damit zum Leuchten zu bringen. Ein in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) entwickeltes Messverfahren machte auf diese Weise Tumore in Nacktmäusen sichtbar.

PTB

Fluoreszierende Tumorzellen eines menschlichen Brustkarzinoms, das einer Nacktmaus eingeimpft wurde

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Prinzip des neuen Tumorbildgebungsverfahrens: Die siRNA schaltet des Enzym FECH ab und verhindert so die Umwandlung von PpIX zu Hämoglobin. Die Fluoreszenz von PpIX, das sich in Tumorgewebe anreichert, ist messbar und kann durch ein spezielles Anregungsverfahren für die Bildgebung genutzt werden.

PTB
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Er kann Tumore sichtbar machen: Der körpereigene Leuchtstoff Protoporphyrin IX (PpIX), ein Zwischenprodukt bei der Produktion des Blutfarbstoffs Hämoglobin. Für die Krebsdiagnostik ist PpIX besonders interessant, weil es sich in Tumorgewebe anreichert. Allerdings hat der Stoff im Körper nur eine kurze Lebenszeit. Viel zu schnell wandelt das Enzym Ferrochelatase (FECH) ihn in Hämoglobin um, so dass er seine Fluoreszenz verliert.

Die Lösung dieses Problems liegt in der Hemmung der FECH, und es gibt einen Mechanismus, der dies ermöglicht: kurze RNA-Doppelstränge (siRNA, short interfering RNA) sind in der Lage, selektiv das Ablesen von Genen zu unterbinden. Im Inneren von Zellen kann siRNA auf diese Weise FECH abschalten – Sand im Getriebe der Hämoglobin-Produktion. Die Frage ist nur: Wie gelangt siRNA in die Zelle?

Wissenschaftler der Charité und der Freien Universität Berlin haben nun „Nanofähren“ entwickelt (Folat-PEG kationische Lipoplexe sowie dendritische polyglyceroamine Nanopartikel), die den Transport von Wirkstoffen durch Zellmembranen ins Zellinnere ermöglichen. Mithilfe solcher neuartiger Trägersysteme konnten sie siRNA in Tumorzellen von Nacktmäusen einbringen.

Dass all dies auch wirklich funktioniert, wiesen die Messexperten der PTB nach. Dafür nutzten sie eine besondere Eigenschaft von PpIX: seine Abklingzeit von 16 Nanosekunden. Das ist die Zeit, die der Stoff nach der Anregung durch Bestrahlung leuchtet. Nur der Bruchteil eines Wimpernschlags, aber doch deutlich länger als die Abklingzeiten anderer Leuchtstoffe im Gewebe. Durch eine gepulste Anregung der Fluoreszenz und die Verwendung intensivierter Kameras ist eine Unterdrückung des Hintergrundes und die Messung der PpIX-Konzentration möglich. So wird der Tumor auf dem Computermonitor sichtbar.

Den Weg von siRNA durch den Körper und in die Zellen zu verfolgen war bisher schwierig und erforderte verschiedene zeitaufwendige und komplizierte Analyseverfahren. Über den Leuchtstoff PpIX und das Messverfahren der PTB ist dies nun erstmals auf einfache und schnelle Weise möglich.

Originalveröffentlichung

K. Wan, B. Ebert, J. Voigt, Q. Wang, Y. Dai, R. Haag, W. Kemmner: In vivo tumor imaging using a novel RNAi-based detection mechanism, Nanomedicine: Nanotechnology, Biology and Medicine, 8 (2012), 4, 393-398.

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