Kalkschablonen für Wirkstoffvehikel
Ausgehend von Calciumcarbonat-Kugeln lassen sich Mikrocontainer für medizinische Substanzen gezielt in verschiedenen Größen herstellen
Die Chemotherapie ist ein erfolgreiches Mittel, um Krebs zu bekämpfen, allerdings gibt es dabei ein großes Problem: Die giftigen Substanzen hemmen nicht nur das Wachstum der Tumorzellen, sondern schädigen auch gesundes Gewebe. Vor dieser Situation stehen Ärzte oft, wenn sie Medikamente einsetzen. Mikro- oder Nanokugeln, die Wirkstoffe gezielt in den Körper bringen und erst am Krankheitsherd freisetzen, könnten ihnen aus diesem Dilemma heraus helfen. Die Methode der Forscher am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung ermöglicht es, solche Kugeln in beliebigen Größen zu produzieren und mit verschiedenen Funktionen auszustatten.
Die Forscher wählen zunächst die Calciumcarbonat-Schablonen in der Größe aus, die ihre Wirkstoffcontainer am Ende haben sollen. Solche Kalkpartikel können in genau definierten Größen von wenigen Hundert Nanometer bis zu mehreren Mikrometern hergestellt werden. Die Poren der Kalkkugeln füllen sie nun zunächst mit Nanopartikeln und gegebenenfalls mit medizinischen Wirkstoffen. Die Nanopartikel können dabei unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Sie können etwa aus einem Material bestehen, das sich mit Licht oder bestimmten Substanzen zersetzen lässt, und so als Öffner für die Wirkstoffvehikel dienen.
Die gefüllten Kalkkugeln umhüllen die Potsdamer Forscher anschließend mit einem Gespinst aus langen Proteinketten – wahlweise können sie dafür jedoch auch Polymerfäden nutzen. Im nächsten Schritt lösen sie die Kalkschablone mit einer Säure auf. Die Nanopartikel ordnen sich nun von selbst zu einer porösen Kugel an, die von dem Proteingespinst begrenzt wird. „Wir können Substanzen so sehr einfach zu einer multifunktionalen Einheit zusammenführen und ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften flexibel auf die Funktion abstimmen“, sagt Möhwald.
Die Proteinhülle begrenzt dabei nicht nur die Hohlkugel, sondern macht sie auch biokompatibel und kann biochemische Signalstoffe tragen, um die Kugel zu ihrem Ziel im Körper zu dirigieren.
Um Mikro- oder Nanocontainer herzustellen, die sich für den Wirkstofftransport eignen könnten, beschreiten Forscher auch andere Wege. So bringen sie beispielsweise im „Bottom-Up“- Verfahren Moleküle und Nanopartikel dazu, sich selbst zu solchen Strukturen zusammen zu lagern. „Unser Verfahren ist allerdings leichter zu kontrollieren, schneller umsetzbar und kosteneffektiver als die bisher entwickelten Techniken“, sagt Helmuth Möhwald.
Der Potsdamer Max-Planck-Forscher und seine Mitarbeiter haben so einen wichtigen Schritt getan, um Wirkstoffe künftig gezielt zu einem Krankheitsherd zu bringen. Die Aufgabe der Grundlagenforschung auf diesem Gebiet sieht Helmuth Möhwald damit erfüllt: „Es bleibt aber offen, ob die Industrie die Methode aufgreift und bis zur Anwendungsreife weiterentwickelt.“