Wie Arten entstehen: Neue Erkenntnisse dank kleinem Fisch

15.06.2012 - Schweiz

Wenn neue Arten entstehen, entwickelt sich das Erbgut von Lebewesen relativ schnell und äusserst vielfältig auseinander – dabei sind aber bestimmte Muster erkennbar. Dies berichten Forscher der Universität Basel am Beispiel des kleinen Fischs Dreistachliger Stichling, der sowohl in Seen wie auch in Flüssen lebt.

Marius Rösti

Stichlinge gehören zu den Lieblingstieren der Evolutionsbiologie. Besonders charakteristisch sind die drei scharfen Rückenstacheln und die seitliche Knochenpanzerung, die diese Fische vor Räubern schützen.

Marius Rösti

Stichlinge leben seit der letzten Eiszeit nicht mehr nur im Ozean, sondern haben auch Flüssen und Seen besiedelt. Entsprechend haben sich diese Fische an die unterschiedlichen Umgebungen angepasst.

Marius Rösti
Marius Rösti

Der Dreistachlige Stichling (Gasterosteus aculeatus) ist ein in der nördlichen Hemisphäre häufig vorkommender Fisch, der seit der letzten Eiszeit vor etwa 12'000 Jahren vom Meer her zahlreiche Flüsse und Seen besiedelt hat. Als Folge der unterschiedlichen Anpassung hat der Fisch begonnen, sich in eine See- und Flussform aufzuspalten. Eine solche Differenzierung ist jeweils der erste Schritt der Artbildung, da selbst benachbarte Populationen von See- und Flussstichlingen meist unter sich bleiben und sich geschlechtlich nicht mehr austauschen können. Dies macht den Stichling zu einem hervorragenden Modellsystem der Evolutionsbiologen.

Mittels einer Analyse hunderter von Millionen genetischer Sequenzen des Fisch-Erbguts zeigen die Forscher, dass bereits im Lauf weniger tausend Jahre eine beachtliche Differenzierung des Erbguts stattfinden kann; diese ist auch im Erscheinungsbild der Stichlinge sichtbar. Als Hauptgründe dafür werden see- und flussspezifische Umwelteinflüsse wie auch die reiche genetische Vielfalt vermutet, denn das «genetische Reservoir» verdankt der Stichling seiner ursprünglichen Herkunft aus dem Meer. Im Erbgut der Fische fanden die Forscher nebst kaum differenzierten Regionen zahlreiche Regionen, die sich zwischen den See- und den Flussstichlingen bereits stark unterscheiden. Offenbar stehen zahlreiche, im ganzen Erbgut verteilte Gene unter Selektionsdruck und tragen so zur evolutiven Anpassung bei.

Differenzierungsmuster im Erbgut

Die Studie weist zudem auf ein im ganzen Erbgut charakteristisches Differenzierungsmuster zwischen den See- und Flussstichlingen hin: Die jeweiligen Chromosomen sind in der Mitte im Verhältnis zu den Enden stärker differenziert. Dies weil sich diese mittlere Chromosomen-Region weniger stark durchmischt (Rekombination) und daher im Vergleich isolierter bleibt. Diese Mechanismen könnten bei der Entstehung biologischer Vielfalt von grundlegender und allgemeiner Geltung sein. Die Studie wurde von Marius Rösti im Rahmen seiner Masterarbeit erarbeitet, betreut von Dr. Daniel Berner und Prof. Walter Salzburger des Fachbereichs Zoologie der Universität Basel und in Zusammenarbeit mit Prof. Andrew Hendry der kanadischen McGill University.

Die Frage nach der Entstehung biologischer Vielfalt und damit auch neuer Arten steht seit Charles Darwin unverändert im Zentrum der Evolutionsforschung. Die zugrunde liegenden genetischen Mechanismen sind dabei sehr komplex. Die neue Studie zeigt, dass für die Anpassung einer Population sowohl der Rekombinationshintergrund wie auch Position und Nachbarschaft von Genen im Erbgut entscheidend sind. Als Nächstes werden sich die Basler Forscher unter anderem mit der genauen Bestimmung jener Gene beim Stichling befassen, die für die genetische Anpassung relevant sind.

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