Geplanter Zufall: Antikörper-basierte Suche nach neuen chemischen Reaktionen
Bringt es etwas, einfach wie ein Alchimist wahllos Substanzen zusammenzukippen und zu schauen, was passiert? Systematisch und in großen Stil durchgezogen ist das ein erfolgversprechender Ansatz, nennt sich Hochdurchsatz-Screening und ist eine etablierte Methode bei der Suche nach Katalysatoren und pharmazeutischen Wirkstoffen. Inzwischen wird dieses Konzept auf die ganz allgemeine Suche nach neuartigen Typen chemischer Reaktionen ausgeweitet. Wozu braucht man neuen Reaktionstypen? Um das Repertoire des Synthesechemikers zu erweitern, wenn es gilt, neue oder einfachere, raschere, elegantere Synthesewege z.B. für Naturstoffe, Spezialchemikalien und Wirkstoffe zu finden.
Die französischen Wissenschaftler um Frédéric Taran (Institute of Biology and Technology, Saclay, iBiTec-S, Gif-sur-Yvette) haben jetzt einen neuen Immunoassay-basierten Ansatz entwickelt, um neue Kupplungsreaktionen zu suchen, also Reaktionen, bei denen zwei organische Moleküle miteinander verknüpft werden.
In die Vertiefungen von Mikrotiterplatten werden je zwei Reaktanden A und B gegeben, in manche zusätzlich verschiedene Übergangs-Metalle als mögliche Reaktionsvermittler. Reaktand A trägt eine Markierung, die von Antikörper AK 1 erkannt und gebunden wird, Reaktand B trägt eine Markierung für Antikörper AK 2. Findet eine Kupplung statt, trägt das Produkt beide Markierungen. Nach der Reaktion werden die Lösungen auf frische Platten übertragen, die mit AK 1 beschichtet sind. Nach einem Waschschritt haften nur Moleküle mit einer Bindestelle für AK 1. Anschließend wird eine Lösung mit AK 2 aufgegeben und wiederum nachgewaschen. Wo AK 2 haften bleibt, muss ein Produkt vorliegen, das beide Markierungen trägt – es entsteht ein „Sandwich“, bei dem das Produkt wie der Belag zwischen zwei Antikörper-„Brotscheiben“ klemmt. Treffer werden durch ein Enzym sichtbar gemacht, das an AK 2 geknüpft ist und einen gelben Farbumschlag verursacht. Überall, wo es deutlich gelb ist, wird das Reaktionsprodukt analysiert und festgestellt, ob dessen Bildungsreaktion einem bereits bekannten Typus folgt oder noch unbekannt ist.
Um zu belegen, dass das Konzept funktioniert, untersuchten die Forscher parallel 3360 Ansätze. Als Reaktanden wählten sie Verbindungen mit gewöhnlichen sowie mit unkonventionellen reaktiven Gruppen. So gelang es ihnen, zwei neue durch Kupfer unterstützte Reaktionstypen zu identifizieren: eine Reaktion von Thio-Harnstoffen zu Iso-Harnstoffen sowie eine Zyklisierung, bei der Thiazol-Derivate aus Alkinen und N-Hydroxythioharnstoffen entstehen.
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Themenwelt Antikörper
Antikörper sind spezialisierte Moleküle unseres Immunsystems, die gezielt Krankheitserreger oder körperfremde Substanzen erkennen und neutralisieren können. Die Antikörperforschung in Biotech und Pharma hat dieses natürliche Abwehrpotenzial erkannt und arbeitet intensiv daran, es therapeutisch nutzbar zu machen. Von monoklonalen Antikörpern, die gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden, bis hin zu Antikörper-Drug-Konjugaten, die Medikamente gezielt zu Krankheitszellen transportieren – die Möglichkeiten sind enorm.
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