Überlebensstrategien von Bakterien aufgeklärt

09.03.2012 - Deutschland

Einem internationalen Forscherteam ist es gelungen, aufzuklären, wie sich einfach strukturierte Bakterien auf molekularer Ebene an wechselnde Umweltbedingungen anpassen und damit ihr Überleben sichern. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe des fachübergreifenden Wissenschaftsmagazins SCIENCE veröffentlicht.

An den wissenschaftlichen Veröffentlichungen waren auch elf Wissenschaftler des Instituts für Mikrobiologie sowie des Instituts für Genetik und Funktionelle Genomforschung der Universität Greifswald über zwei internationale Verbundprojekte (BaSysBio und BaCell-SysMO) beteiligt. Dr. Ulrike Mäder und Dr. Jan Muntel haben dabei sogar als gleichwertige Erstautoren wesentliche Beiträge zu den beiden Arbeiten geleistet.

Als Modellorganismus für die Untersuchungen wurde das Bodenbakterium Bacillus subtilis gewählt. Es verursacht selbst keine Krankheiten, gilt aber als Modellorganismus für Krankheitserreger und wird in der Industrie vielfältig für die Produktion von Enzymen und Vitaminen eingesetzt.
Bei den Untersuchungen wurden Methoden der experimentellen Biologie und der Bioinformatik mit mathematischen Modellierungsansätzen kombiniert. Dazu wurden zunächst äußerst umfangreiche Datensätze zur Charakterisierung Komponenten in den Zellen (Transkripte, Proteine und Metabolite) unter unterschiedlichen Wachstumsbedingungen aufgenommen. Diese experimentellen Daten wurden anschließend bioinformatisch analysiert und in mathematische Modelle integriert. Sogar bei einem relativ einfachen Organismus wie Bacillus subtilis, dessen Genom lediglich 4200 Gene umfasst, sind solche Modelle absolut unentbehrlich, um die komplexen molekularen Anpassungsvorgänge zu erfassen.

Die Arbeit von Pierre Nicolas et al. beschreibt die Analyse des Transkriptoms von Bacillus subtilis, also der Gesamtheit aller Gen-Transkripte (mRNAs) des Bakteriums, unter einer Vielzahl verschiedener Wachstumsbedingungen, wie unterschiedliche Nährstoffangebote oder hohe und niedrige Umgebungstemperaturen. In ihrer Gesamtheit spiegeln diese experimentell erzeugten Umweltbedingungen die Herausforderungen wieder, die dieses Bakterium in seinem natürlichen Lebensraum bewältigen muss. Neben der bisher wahrscheinlich umfassendsten Beschreibung der Dynamik sämtlicher Transkriptionseinheiten eines Bakterium einschließlich vieler potenzieller neuer Gene und sogenannter Antisense-RNAs trug dieser Ansatz entscheidend dazu bei, zu klären, wie sich die Zellen an veränderte Umweltbedingungen durch das Zusammenspiel verschiedener Gene anpassen.
Der bedeutendste Aspekt dieser Studie ist die genomweite Beschreibung der Funktion genetischer Schalter mit Hilfe eines neuen statistischen Verfahrens.

Die Arbeit von Joerg Martin Buescher et al. beschreibt am Beispiel der Nutzung von zwei Kohlenstoffquellen eine umfassende Analyse der dynamischen Anpassung des bakteriellen Metabolismus an sich verändernde Nährstoffbedingungen. Um sich an wechselnde Umweltbedingungen anzupassen, müssen verschiedene Netzwerke in Bacillus subtilis zusammenwirken. Die Wissenschaftler hatten es sich daher zum Ziel gesetzt, durch eine kombinierte statistische und modellbasierte Analyse von Datensätzen alle Ebenen der Regulation zu erfassen. Letztlich konnte gezeigt werden, dass das Bodenbakterium bei der Umstellung seines Metabolismus auf die Nutzung von zwei verschiedenen Kohlenstoffquellen (Glukose bzw. Malat) ganz unterschiedliche Strategien einsetzt. Im Rahmen der Studie gewonnene Ergebnisse legen nahe, dass evolutionäre Zwänge auch die Realisierung sehr komplexer Regulationsprogramme begünstigen können.

In den beiden Verbundprojekten BaSysBio und BaCell-SysMO arbeiten Mikrobiologen, Funktionelle Genomforscher, Genetiker und Biochemiker mit Bioinformatikern und Systembiologen zusammen. Durch diese wissenschaftliche Kooperation konnten die grundlegend neuen, physiologischen Erkenntnisse gewonnen werden, die in zwei Artikeln in der Fachzeitschrift SCIENCE veröffentlicht wurden.

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