Vielseitige Nanopartikel gegen Krebs
M. Szabo/UKJ
Die Nanotechnologie ermöglicht nicht nur in der Umwelttechnik oder bei Beschichtungen völlig neue Materialeigenschaften und Anwendungen, auch die Mediziner erforschen mit großen Erwartungen neue Einsatzfelder für die Kleinstteilchen. Im Verbund mit 15 Partnereinrichtungen aus insgesamt sieben Ländern Europas haben die Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Experimentelle Radiologie am Universitätsklinikum Jena jetzt begonnen, nanometerkleine Eisenoxidpartikel zu zielgenauen Mehrzweckwaffen gegen Brust- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs aufzurüsten.
Zunächst müssen in einem ersten Projektschritt die biokompatiblen Partikel mit den gewünschten magnetischen Eigenschaften in ausreichender Menge hergestellt werden. Eine weitere biotechnologischen Herausforderung ist die Ausrüstung der Partikel mit funktionellen Molekülen: Spezifische Antikörper sollen den Nanopartikeln den Weg zu den Krebszellen weisen, so dass außerdem aufgebrachte Zytostatika und Wachstumshemmer genau hier wirken können.
„Auf diese Weise entstehen multifunktionelle Nanopartikel“, erklärt die Leiterin der Arbeitsgruppe im Zentrum für Radiologie, Prof. Dr. Ingrid Hilger, den Projektnamen „Multifun“. „Als Kontrastmittel machen sie kleinste Tumoren im Magnetresonanzbild sichtbar, sie transportieren die Chemotherapeutika direkt zu den Krebszellen und durch ihre magnetischen Eigenschaften können wir direkt im Tumor Wärme induzieren, um ihn zu überhitzen.“ Die vielseitigen Kleinstpartikel könnten so dazu beitragen, dass Tumorerkrankungen und Rückfälle früher erkannt und zielgerichteter, das heißt mit weniger Nebenwirkungen behandelt werden können.
Die vorklinischen Tests zu dieser verheißungsvollen Perspektive werden den Großteil des Multifun-Projektes ausmachen. Denn zunächst müssen die Wissenschaftler überprüfen, ob die Nanopartikel in der Zellkultur wie gewünscht funktionieren: Ob sie sich an und in die Brust- bzw. Pankreaskrebszellen fest einlagern, für die gewünschte Erhitzung sorgen können, die Antikrebswirkstoffe unbeschadet zur Tumorzelle bringen und wie sich die Partikel gegenüber gesunden Zellen verhalten. Danach folgen Untersuchungen im Tiermodell zur Bioverträglichkeit und Pharmakokinetik der Nanopartikel – dabei wird zum Beispiel erfasst, wie lange die Partikel im Körper verbleiben und ob es giftige Abbauprodukte gibt.
„Schließlich testen wir als Voraussetzung für klinische Studien die angestrebten diagnostischen und therapeutischen Funktionen der Partikel auch im Tiermodell“, so Ingrid Hilger. Mit fünf Projektmitarbeitern wird die Humanbiologin beispielsweise untersuchen, wie sich die Partikel im Tumorgewebe anreichern, welche Parameter das äußere Magnetfeld für eine optimale Gewebeerwärmung haben muss und welche Mechanismen zum Tod der Tumorzellen unter diesen Bedingungen führen.
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