Den Krebs seiner Nische berauben
EU-Projekt OPTATIO erforscht neue Strategien gegen das Multiple Myelom
Mikroumgebung fördert Resistenzbildung
Die Multiplen Myelomzellen wachsen im Knochenmark in regelrecht auf sie zugeschnittenen Nischen heran, ihrer Mikroumgebung. Darin sind sie eng umgeben von Bindegewebszellen, Knochen auf- und abbauenden Zellen (Osteoblasten und Osteoklasten), Blutgefäßzellen und Immunzellen. Durch den engen Zellkontakt stimulieren sich die Zellen gegenseitig. Es findet ein regelrechtes Konzert, ein unablässiger Austausch von Botenstoffen statt. Gene werden aktiviert, so dass noch mehr Botenstoffe produziert werden und ein sich selbst verstärkender Kreislauf entsteht. Er trägt dazu bei, dass die Krebszellen sich vor therapeutischen Angriffen „verstecken“ können und dem Zelltod entgehen, der eigentlich durch Medikamente herbeigeführt werden sollte. Diese Resistenzmechanismen aufzuklären ist ein Ziel von OPTATIO.
Des Weiteren will OPTATIO untersuchen, ob die Mikroumgebung dafür verantwortlich ist, dass sich der Krebs aus einem häufigen Vorstadium entwickelt. Dieses Vorstadium, die „Monoklonale Gammopathie von unbestimmter Signifikanz (MGUS)“ kommt in der älteren Bevölkerung nicht selten vor und ist meist harmlos. In 1% der Fälle pro Lebensjahr aber entwickelt sich aus diesem Vorstadium ein Multiples Myelom. Bisher ist es noch nicht gelungen, die dafür entscheidenden Faktoren herauszufinden. Dies soll nun im Rahmen von OPTATIO geschehen.
OPTATIO erweitert und ergänzt Forschungsprojekte, die im Rahmen von Oncotyrol bereits erfolgreich ablaufen. Eines davon ist das Austrian Myeloma Registry, eine österreichweite internetbasierte Datensammlung zur Behandlungspraxis des Multiplen Myeloms. Ein weiteres ist die Entwicklung besserer Zellkultursysteme für die Suche nach neuen Wirkstoffen. Diese vom Oncotyrol-Wissenschaftler Dr. Winfried Wunderlich entwickelten Zellkultursysteme sollen die Nische der Myelomzellen im Knochenmark naturgetreu nachbilden. Darin kann man rund um die Uhr beobachten, wie sich Myelomzellen in einer naturähnlichen Umgebung verhalten, insbesondere nach Zugabe von potentiellen Wirkstoffen. Mit Hilfe dieses Systems sollen Substanzen gefunden werden, die nicht nur die Krebszellen angreifen, sondern auch das verhängnisvolle Wechselspiel mit der Mikroumgebung unterbinden, aber nicht das gesunde Knochenmark beeinträchtigen. Die Industriepartner in OPTATIO werden hierfür Substanzbibliotheken zur Verfügung stellen.
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