Pflanzen wehren sich mit mobilen Proteinen gegen Bakterien

Verteilung von pflanzlichen und bakteriellen Proteinen ist entscheidend für die pflanzliche Immunabwehr

13.12.2011 - Deutschland

Wenn eine resistente Pflanze feststellt, dass sie von Bakterien infiziert wurde, muss sie schnell und angemessen reagieren. Sie wird die Vermehrung der Bakterien stoppen, die Zellen im Infektionsgebiet opfern und in der gesamten Pflanze Alarm schlagen. Die Reaktion hängt davon ab, wo sich ein an der Auseinandersetzung beteiligtes Protein der Bakterien positioniert, im Zellkern, im Zytoplasma oder in beiden Kompartimenten. Jane Parker und ihre Kollegen vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln haben nun herausgefunden, wie die verschiedenen Immunreaktionen eingeleitet werden.

Resistente Pflanzen treten ihren Feinden nicht unvorbereitet gegenüber. Ihre Zellen verfügen über Rezeptoren, mit denen sie die Gefahr erkennen. Außerdem besitzen sie einen mobilen Krisenmanager, den sie mit der Abwicklung der Immunabwehr beauftragen. Solange die Pflanze unbehelligt bleibt, liegen die Rezeptoren und der Krisenmanager im Zytoplasma und im Zellkern auf der Lauer und halten Ausschau nach möglichen Eindringlingen.

Auch die Bakterien kommen nicht unvorbereitet. Sie bringen ein molekulares Gerät mit, das ihnen helfen soll, das pflanzliche Immunsystem außer Kraft zu setzen. Dieses Handwerkszeug wird als Effektor bezeichnet. Es gelangt über eine molekulare Nadel in die Zellen. Wie die Auseinandersetzung zwischen der resistenten Pflanze und ihren Widersachern beginnt, ist noch nicht genau geklärt. Vermutlich vergreift sich der bakterielle Effektor an dem Krisenmanager. Die Pflanze könnte diesen Angriff bemerken, weil ihre Rezeptoren das Protein bewachen.

Was nach dem Absetzen eines Alarms passiert und wie der Krisenmanager vom möglichen Sensor zum Instrukteur für die weitere Immunantwort wird, haben Katharina Heidrich und Jane Parker sowie weitere Kollegen jetzt herausgefunden. Entscheidend ist offensichtlich, wie sich der pflanzliche Rezeptor, der bakterielle Effektor und der Krisenmanager EDS1 nach dem Absetzen des Notrufs in der Zelle verteilen und welche Absprachen sie dabei treffen.

Damit die Vermehrung der Bakterien unterdrückt wird, muss der bakterielle Effektor vom Zytoplasma in den Zellkern gelangen, wo er auf den Rezeptor und den Krisenmanager trifft. Im Zytoplasma wird er für diese Form der Immunantwort dann nicht mehr gebraucht. Um die infizierten Zellen in den Selbstmord zu treiben oder in der ganzen Pflanze Alarm zu schlagen, müssen die drei Proteine im Zellkern und im Zytoplasma aktiv werden. Dabei gibt es offensichtlich enge Absprachen zwischen den beiden Kompartimenten.

Bisher wussten die Forscher nur sehr wenig darüber, wie es nach der Erkennung des Eindringlings weitergeht. „Die Pflanze muss sorgfältig zwischen den verschiedenen Optionen unterscheiden. Jede Immunreaktion kostet Kraft und geht zu Lasten des Wachstums. Die Pflanze kann es sich nicht leisten, auf einen Bagatellangriff mit der vollen Wucht ihres Immunsystems zu reagieren. Sie darf den Angriff allerdings auch nicht fälschlicherweise verharmlosen, weil sie sonst Gefahr läuft, unterzugehen“, erklärt Jane Parker.  Die intrazelluläre Mobilität von Rezeptor, Effektor und Krisenmanager lenkt die Immunabwehr in verschiedene Richtungen. EDS1 spielt dabei vermutlich eine doppelte Rolle. Es könnte das Protein sein, an dem sich der bakterielle Effektor  vergreift. Es vermittelt bei der weiteren Immunantwort, weil es nach dem Absetzen des Notrufs sowohl im Zellkern als auch im Zytoplasma präsent sein muss.

Erarbeitet wurden die Ergebnissen an den Modelpflanzen Arabidopsis und Tabak. Die Forscher haben für ihre Untersuchungen den aktiven Teil des bakteriellen Effektors mit einem Signal verknüpft, das entweder die gesamte Menge in den Zellkern schafft oder von dort fernhält. Dabei haben sie festgestellt, dass sich der bakterielle Effektor in jedes Kompartiment zwingen lässt. Die Blockade der bakteriellen Vermehrung ist dagegen an die Präsenz des Effektors und des Rezeptors im Zellkern gebunden. Diese Immunreaktion lässt sich vom programmierten Selbstmord der infizierten Zellen abkoppeln, indem der Effektor vom Zytoplasma ferngehalten wird. „Zelltod per se steht damit nicht stellvertretend für eine volle Resistenz. Sie ist nur ein möglicher Weg aus der Krise“, erklärt Katharina Heidrich.

Was die drei Proteine in den beiden Kompartimenten genau tun, um die Immunreaktionen in Gang zu setzen, haben Heidrich, Parker und ihre Kollegen noch nicht herausgefunden. Allerdings konnten sie zeigen, dass sowohl der pflanzliche Rezeptor als auch der bakterielle Effektor mit dem Krisenmanger Komplexe im Zellkern bilden. Ob diese Komplexe das Ablesen wichtiger Resistenzgene vorbereiten oder sogar selbst am Ablesen der Gene beteiligt sind, muss noch geklärt werden. Unklar ist auch noch, wie das Zwiegespräch zwischen den drei Proteinen im Zellkern und im Zytoplasma zum programmierten Zelltod oder zu einer generalisierten Immunantwort führt. Allerdings zeigen die Ergebnisse der Kölner Arbeitsgruppe, wo nach den Antworten gesucht werden muss.

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