Knochenmarkstransplantation: Mit dem Botenstoff Interleukin1β gegen gefährliche Nebenwirkung "GVHD"

18.10.2011 - Schweiz

Bösartige Erkrankungen des Blutes und der blutbildenden Organe – Leukämien und Lymphome – werden in der Regel mit einer Transplantation von Blutstammzellen aus dem Knochenmark behandelt. Nach dieser sogenannten hämatopoetischen Stammzelltransplantation tritt jedoch häufig eine gefährliche Nebenwirkung auf, die „Graft-versus-host disease“ (GVHD). Das Forscherteam um Professor Dr. Lars E. French am UniversitätsSpital Zürich arbeitet an neuen Strategien zur Vorbeugung und Behandlung dieses lebensbedrohlichen Effekts. Dabei richtet sich ihr Interesse auf den Botenstoff „Interleukin-1β“ und dessen Aktivierung. Das Molekül gilt als ein zentraler Vermittler während der frühen Phase der GVHD.

Nach einer Knochenmarkstransplantation richten sich die Immunzellen des Spenders gegen die Zellen des Empfängers. Dies hat den positiven Effekt, dass die bösartigen Zellen des Krebspatienten entsprechend attackiert werden (Graft-versus Leukämie-Effekt, GVL). Leider ist die Reaktivität der Immunzellen des Spenders nicht auf die bösartigen Zellen beschränkt. Sie richtet sich auch gegen gesundes Gewebe von Haut, Leber und Darm. Diese gefährliche Nebenwirkung, die „Graft-versus-host disease“, stellt die häufigste und schwerwiegendste Komplikation nach einer Transplantation von Blutstammzellen dar. Eine zielführende Strategie zur Entwicklung neuer Therapieformen ist es daher, die Unterschiede in den Mechanismen von der nützlichen GVL und der gefährlichen GVHD herauszuarbeiten. Dazu will das Forscherteam um Prof. Dr. Lars E. French am UniversitätsSpital Zürich einen Beitrag leisten.

Eine Schlüsselrolle könnte dabei der Botenstoff „Interleukin-1β“ spielen. Er wird normalerweise von spezialisierten Zellen des Immunsystems als Antwort auf Warnsignale wie UV-Licht, verschiedene Chemikalien oder mikrobielle Krankheitserreger ausgeschüttet. In den Zellen liegt der Botenstoff in einer inaktiven Form vor. Um ausgeschüttet zu werden, muss er erst scharf geschaltet werden. Den Schlüssel zur Aktivierung bildet ein Protein-Komplex mit der Bezeichnung Inflammasom. Die Forscher wollen nun herauszufinden, ob und wie wiederum das Inflammasom aktiviert wird. Ihrer Meinung nach hängt dies von der Art der Behandlung des Stammzellempfängers vor der Transplantation ab. In der Regel erhalten die Patienten vorbereitend sowohl Chemo- als auch Radiotherapie.

Professor French und sein Team verwenden Mausmodelle zur Simulation der Bedingungen bei einer Knochenmarkstransplantation. Den Tieren fehlen in ausgewählten Zelltypen Schlüsselkomponenten des Inflammasoms. Es ist also wirkungslos und kann den Botenstoff Interleukin-1β nicht aktivieren. Welche Auswirkungen dies auf das Auftreten der GVHD und die Abwehrreaktionen in den Tieren hat, wollen die Forscher analysieren. Damit hoffen sie, die Funktion des Inflammasoms bei der GVHD aufzuklären zu können. Darüber hinaus überprüfen die Züricher Mediziner, inwieweit die übliche Behandlung zur Vorbereitung auf die Transplantation einen Einfluss auf die Ausschüttung von Interleukin-1β beim Patienten hat.

Insgesamt wollen die Mediziner mit diesen Experimenten besser verstehen, ob und wie die Herstellung von Interleukin-1β nach vorhergehender Aktivierung des Inflammasoms die Entstehung von GVHD beeinflusst. Sie wollen auch die für diesen Prozess wichtigen Zelltypen identifizieren. Sollte dies gelingen, könnten die Ergebnisse dazu beitragen, neue Strategien zur Vorbeugung und Behandlung der GVHD auszuarbeiten.

Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 35.000 Euro.

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