Abwehrprotein der Haut stoppt neu entdeckten Entzündungsmechanismus
Schuppenflechte ist eine chronische entzündliche Hauterkrankung, in deren Verlauf es zu einer Immunreaktion gegen Zellen der Oberhaut kommt, sogenannte Keratinozyten. In der Folge vermehren sich die Keratinozyten besonders stark, sodass sich die Haut verdickt und schuppt. Einmal ausgebrochen, kommt die Krankheit in Schüben immer wieder. Auslöser können Infektionen oder Medikamente, aber auch mechanische Reizungen der Haut sein. Ein Schlüsselmolekül für die Entstehung von Schuppenflechte ist das entzündungsfördernde Signalmolekül Interleukin 1 (IL-1) beta, das allerdings erst von sogenannten Inflammasomen aus einem Vorläuferprotein gebildet werden muss. Inflammasome sind Proteinkomplexe, die als Reaktion auf Gefahrensignale in der Zelle gebildet werden. „Uns interessierte, welche Inflammasome bei Schuppenflechte besonders aktiv sind und wie diese aktiviert oder gehemmt werden könnten“, beschreibt Schauber das Ziel der Studie. Tatsächlich konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass in der Haut von Psoriasispatienten das Inflammasom AIM2 besonders aktiv ist. AIM2 erkennt DNA in der Zellsubstanz – sogenannte zytosolische DNA – als Gefahrensignal und aktiviert daraufhin die Produktion von IL-1beta, wodurch die Entzündungsreaktion verstärkt wird. „Interessanterweise ist in der Haut von Psoriasispatienten auch zytoplasmatische DNA vorhanden. Normalerweise befindet sich DNA in menschlichen Zellen nur im Zellkern oder in den Mitochondrien, im Zytoplasma hat sie nichts zu suchen“, erklärt Schauber, der in weiteren Experimenten beweisen konnte, dass diese DNA tatsächlich zur Alarmierung von AIM2 führt. Die Herkunft der zytosolischen DNA ist ungeklärt, möglicherweise entweicht sie nach Verletzungen aus dem Zellkern ins Zytosol oder es wird DNA absterbender Zellen aus der Umgebung aufgenommen.
Auch kleine Eiweiße in der Haut, die normalerweise für die Abwehr von Bakterien zuständig sind, können an DNA binden. Schaubers Gruppe beschäftigt sich bereits seit Längerem mit Cathelicidin, das zu diesen antimikrobiellen Eiweißen gehört. Deshalb lag es für die Forscher nahe zu untersuchen, ob Cathelicidin die Aktivierung des Inflammasoms AIM2 beeinflusst – und tatsächlich bindet Cathelidicin zytosolische DNA und hebt so deren entzündungsfördernde Wirkung auf. Diese Beobachtung könnte die Wirkung bereits erfolgreich angewandter Psoriasis-Therapien mit Vitamin D-ähnlichen Salben und Cremes oder mit UV-Licht erklären: Vitamin D erhöht die Produktion von Cathelidicin in der Haut, und auch die Therapie mit UVB-Licht führt zur vermehrten Bildung von Vitamin D und Cathelidicin. „Es ist gut denkbar, dass sich aus der neu entdeckten Funktion von Cathelidicin neue therapeutische Ansätze ergeben“, betont Schauber. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher untersuchen, ob die Entzündungsaktivierung über Inflammasome auch bei anderen chronischen entzündlichen Hauterkrankungen eine Rolle spielt – und ob sich diese Mechanismen für neue Therapien nutzen lassen.
Originalveröffentlichung
Cytosolic DNA Triggers Inflammasome Activation in Keratinocytes in Psoriatic Lesions; Y. Dombrowski, M. Peric, S. Koglin,C. Kammerbauer, C. Göß, D. Anz, M. Simanski, R. Gläser, J. Harder, V. Hornung, R. L. Gallo, T. Ruzicka, R. Besch, J. Schauber; Science Translational Medicine 11. Mai 2011