Zukunftsvision: Ein Herz, das nachwächst
Wissenschaftler der Universitätsklinik für Herzchirurgie Heidelberg nehmen selbst konzipierten Bioreaktor in Betrieb
Die Zahl schwer herzkranker Menschen, denen nur eine Transplantation das Leben retten kann, steigt stetig. Doch es gibt bei weitem nicht genug Spenderherzen: Im Jahr 2010 wurden laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation 377 Herz- und 16 kombinierte Herz-Lungen-Transplantationen durchgeführt, gleichzeitig aber fast doppelt so viele Menschen neu auf die Warteliste für ein Spenderherz gesetzt. „Es ist nötig, neue und vor allem innovative Strategien für die Behandlung dieser Patienten zu entwickeln, um möglichst unabhängig von Spenderorganen zu werden“, erklärt Dr. Weymann, der 2009 von der Charité Berlin ans Universitätsklinikum Heidelberg wechselte und dort die Arbeitsgruppe „Whole Heart Tissue Engineering" gründete.
Patienteneigene Zellen siedeln sich auf Fasergerüst an
Die Idee: Das Herz eines Schweins, das dem menschlichen Herzen in Aufbau und Größe sehr ähnlich ist, wird im Labor von sämtlichen Zellen befreit – nach einem Verfahren, das die Gruppe selbst entwickelt hat. Dadurch können später beim Patienten keine Abstoßungsreaktionen mehr auftreten. Übrig bleibt ein kollagenhaltiges Fasergerüst, das in einer speziellen Kultivierungskammer, dem Bioreaktor, von patienteneigenen Zellen durchspült und von diesen neu besiedelt werden soll. Erfolge zeigte dieses Verfahren bereits bei der Züchtung neuer Herzklappen. „In den USA ist es auf diese Weise gelungen, funktionsfähige Rattenherzen zu züchten. Mit größeren Herzen hat es bisher noch nicht geklappt“, sagt Weymann.
Voraussetzung ist ein Bioreaktor in entsprechender Größe: Bisher verfügbare Modelle sind für die Forschung an Kleintieren und die Züchtung von Herzklappen konzipiert. Der Herzchirurg suchte daher nach Kooperationspartnern in der Industrie; 2010 erhielt er den Zuschlag von der Göttinger Firma Sartorius Stedim Biotech, die das Gerät umsetzte. In dem transparenten Reaktor herrschen gleiche Bedingungen wie im menschlichen Körper. So wird z.B. die Nährflüssigkeit mit den Patientenzellen stoßweise, wie beim schlagenden Herzen, durch das neu entstehende Organ gepumpt. Alle Einstellungen sind über das Internet steuerbar.
„Forschung steht noch ganz am Anfang“
Noch ist es bis zum maßgeschneiderten Ersatzherz allerdings ein weiter Weg, der noch viele Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Ein funktionsfähiges Herz besteht aus mehreren Zelltypen, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen und eng miteinander vernetzt sind. „Die Forschung auf diesem Gebiet steht noch ganz am Anfang. Wir wissen z.B. noch nicht, welche Faktoren während dieses hochkomplexen Vorgangs die Zellen an den richtigen Platz im Gewebeverband lotsen oder das Herz zum Schlagen bringen“, so Weymann.
Diese Fragen will die Arbeitsgruppe – Teil des Forschungsteams „Experimentelle Herzchirurgie“ unter der Leitung des geschäftsführenden Oberarztes Professor Dr. Gábor Szabó – nun klären. In den ersten Versuchen kommen Herzzellen von neugeborenen Ratten zum Einsatz; in Zukunft könnten Stammzellen aus dem Nabelschnurblut, direkt bei der Geburt tiefgefroren und eingelagert, den schwerkranken Patienten zu einem neuen Herz verhelfen.
Meistgelesene News
Themen
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Diese Produkte könnten Sie interessieren
Biostat STR von Sartorius
Biostat STR Bioreaktoren der Generation 3
Entwickelt für ultimative Upstream-Leistung
Ambr® 250 Modular von Sartorius
Mini-Bioreaktoren für Zell- und Gentherapien mit hoher Skalierbarkeit
Maximieren Sie Ihre Prozessentwicklung mit zuverlässigen Einweg-Gefäßen
Ambr® 250 HT Consumables von Sartorius
Effiziente Bioprozesse mit Einweg-Bioreaktoren
Minimieren Sie Reinigungsaufwand und maximieren Sie Flexibilität für Zell- und Mikrobiolkulturen
Brooks Instrument SLA Biotech-Serie von Brooks Instrument
Steuern Sie Bioprozesse effizient und präzise mit Durchflussreglern für Biotechnologie-Anwendungen
Die SLA Biotech-Serie ist speziell auf die Anforderungen in Bioprozessen hin entwickelt worden
SLAMf Biotech-Serie Massendurchflussregler von Brooks Instrument
SLAMf Durchflussregler mit robustem Gehäuse (IP66 / NEMA 4X)
Spezielle Ausstattung für Biotech-Prozessanlagen, geeignet für Spritzwasser und Hochdruckreinigung
Flexcell Systems von Dunn
Flexcell Zelldehnungsbioreaktoren für zelluläre Biomechanik-Anwendungen
Weltweit in über 1300 Laboratorien eingesetzt und in über 4000 Forschungspublikationen zitiert
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Biotechnologie, Pharma und Life Sciences bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.