Eine Möglichkeit, Krebs bei entzündlichen Darmerkrankungen zu verhindern
„Aus unserer Forschungsarbeit ergeben sich neue Behandlungsansätze für chronisch entzündliche Darmerkrankungen, da VEGF-hemmende Medikamente bereits in der Klinik bei verschiedenen Tumorerkrankungen regelmäßig eingesetzt werden. Das bietet einen möglichen Ansatzpunkt zur Therapie und Prävention von Darmkrebs bei Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa”, sagte Prof. Neurath. Hatte man bisher angenommen, dass VEGF nur an der Gefäßneubildung in bereits bestehenden Tumoren beteiligt ist, legen die Daten dieser Arbeit nahe, dass eine Aktivierung von VEGF schon bei sehr frühen Stadien der Tumorentstehung von Bedeutung ist und durch eine Hemmung von VEGF sogar die Tumorentstehung verhindert werden könnte. Ferner gibt es bei den unterschiedlichen Tumorarten immer wieder Patienten, bei denen eine VEGF-Hemmung wirkungslos ist. Der hier gezeigte Mechanismus der VEGF- Signalübertragung in Tumorzellen könnte diese Unterschiede erklären, da er vielleicht auch bei anderen Tumorerkrankungen für eine effektive Therapie mit VEGF-hemmenden Medikamenten verantwortlich ist.
Verminderung von Darmentzündungen bei Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
Neben der Bedeutung auf die Tumorentstehung zeigen weitere Studien, dass VEGF auch direkt an der Aufrechterhaltung der chronischen Entzündungsreaktion beteiligt ist. Somit könnte eine Hemmung von VEGF bei Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa die Tumorentstehung verhindern, bereits entstandene Tumoren hemmen und zu einer Verringerung der Darmentzündung führen.
Seit vielen Jahren ist bekannt, dass die Neubildung von Gefäßen eine wichtige Voraussetzung für das Tumorwachstum darstellt. Einer der wichtigsten Faktoren ist dabei das Molekül “VEGF”. Nach dem derzeitigen Stand der Forschung wird VEGF bei verschiedenen Tumorarten von Tumorzellen gebildet, bindet nach seiner Freisetzung an Gefäßzellen und fördert deren Wachstum. Verhindert man die Bindung von VEGF an dessen Zielzellen, z. B. durch spezifische Antikörper, wird das Wachstum der Gefäßzellen gehemmt und der Tumor kann aufgrund von Sauerstoff- und Nährstoffmangel nicht weiter wachsen. Dieser Effekt wird bereits bei verschiedenen Tumorarten therapeutisch angewandt.
Intensive Forschungsarbeit brachte die zündende Idee
Die Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe von Prof. Markus Neurath untersuchten an einem Modell des entzündungsbedingten Darmkrebses bei Mäusen die Rolle des VEGF-Moleküls. „Als wir genauer untersuchten, welche Zellen in entzündungsbedingten Darmtumoren die nötigen Bindungsrezeptoren tragen, stellten wir mit erstaunen fest, dass nicht nur Gefäßzellen, sondern auch Tumorzellen VEGF binden können”, erklärten Prof. Markus Neurath und sein Mitarbeiter Dr. Maximilian Waldner. „Daraus ergab sich die Frage, ob VEGF, ähnlich wie bei Gefäßzellen, das Wachstum von Tumorzellen beeinflussen kann.” In weiteren funktionellen Untersuchungen zeigte die Arbeitsgruppe mit Hilfe genetischer Methoden, dass eine dauerhafte Entzündung die Bindung von VEGF an zuvor gesunden Darmzellen ermöglicht. Dabei führte ein wichtiger entzündungsfördernder Botenstoff, das Interleukin-6, welches auch an der Entstehung der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen beteiligt ist, dazu, dass Darmzellen den Rezeptor für VEGF tragen. Bindet nun VEGF an Darmzellen, kann es einen wichtigen Wachstumsfaktor, das sogenannte STAT3, aktivieren und dadurch die Tumorenstehung fördern.
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