Klinische Studie zum Jülicher Neurostimulator abgeschlossen
Behandlung von chronischem Tinnitus zeigt Erfolge
Eine klinische Studie zum Jülicher Neurostimulator zur Tinnitus-Therapie ist nun beendet. Zehn Monate lang untersuchten Wissenschaftler um Prof. Peter Tass vom Forschungszentrum Jülich die neue Therapie. Ihr Ergebnis: Nach drei Monaten besserte sich der Tinnitus bei 71 Prozent der Patienten um mindestens einen Tinnitus-Schweregrad. Ein nachhaltiger Erfolg stellt sich nach einer längeren Therapie ein, wie eine freiwillige sechsmonatige Weiterbehandlung der Patienten zeigte. Mittels Elektroenzephalographie (EEG) konnten die Forscher zudem theoretisch vorausgesagte Hirnstromveränderungen durch den Neurostimulator nachweisen. Sie sehen darin einen Beleg dafür, dass der Stimulator krankhaft synchron feuernde Nervenzellverbände wieder in einen gesunden Rhythmus zurückführt.
Der Neurostimulator soll die bei Tinnitus-Patienten krankhaft synchron feuernden Neuronen im Gehirn dauerhaft in einen gesunden Zustand versetzen. Dazu wird die Technologie des sogenannten Coordinated Reset (CR) eingesetzt: Den Patienten werden über einen Schallgenerator und einen speziellen Kopfhörer mehrere Stunden pro Tag Stimulationssequenzen ins Ohr gespielt, die auf ihren spezifischen dominanten Tinnitus-Ton abgestimmt sind. Diese Stimulation zielt darauf ab, krankhaft synchrone Nervenzellverbände zu desynchronisieren, damit die Neuronen nachhaltig ihre krankhafte Vernetzung und damit ihre Fähigkeit zur Synchronisation verlernen.
Vom Juni 2009 bis Juli 2010 behandelten Tass und seine Kollegen insgesamt 61 Patienten mit einem chronisch-tonalen Tinnitus mit dem Neurostimulator. Sie teilten die Probanden dazu in insgesamt fünf Gruppen auf. In vier Gruppen variierten Stimulusdauer und -zahl, die fünfte Gruppe erhielt eine Scheinbehandlung. Zwölf Wochen dauerte die erste Therapiephase, gefolgt von einer vierwöchigen Behandlungspause, um Nachwirkungen zu untersuchen. Danach unterzogen sich alle Studienteilnehmer freiwillig einer sechs Monate langen Weiterbehandlung, der die Stimulation mit den bis dahin besten Ergebnissen zugrunde lag. Den Behandlungserfolg überprüften die Forscher unter anderem anhand der Änderungen der subjektiven Tinnitus-Lautheit und -Belästigung sowie des Tinnitus-Schweregrades und durch Messungen der Hirnströme im EEG. In ihrer Studie arbeiteten die Forscher nach international festgelegten Richtlinien, welche die Qualität klinischer Studien sichern (ICH-GCP-Richtlinien).
Bei einer Behandlung von vier bis sechs Stunden pro Tag reduzierte sich die wahrgenommene Tinnitus-Lautstärke bereits nach zwölf Wochen Therapie um 51 Prozent, die subjektive Belästigung nahm um 48 Prozent ab. Diese Effekte blieben auch in der Therapiepause noch statistisch signifikant messbar, schwächten sich aber wieder ab. Ein Zeichen dafür, dass für eine maximale Therapiewirkung eine längere Behandlung nötig ist. Das bestätigte die angeschlossene freiwillige Weiterbehandlung: Nach dieser wurde der Prozentsatz aller Studienteilnehmer mit dem Tinnitus-Schweregrad "leicht" im Vergleich zum Studienbeginn mehr als verdoppelt (von 32 auf 69 Prozent), ohne dass dauerhafte Nebenwirkungen auftraten. Die Scheinbehandlung hingegen führte zu keiner Veränderung des Tinnitus.
Im Rahmen der klinischen Studie untersuchten die Wissenschaftler mittels EEG außerdem Änderungen der Hirnströme, denn diese spiegeln die krankhafte Aktivität der Nervenzellen wider. Die Ergebnisse zeigten - wie theoretisch vorhergesagt - Änderungen der Hirnstromaktivität: Die krankhafte, übermäßig synchrone und verlangsamte Tätigkeit der Nervenzellen im Frequenzbereich zwischen 1 und 3 Hz nimmt signifikant ab, während der gesunde und für die Informationsverarbeitung wichtige Ruherhythmus, der Alpharhythmus, im Bereich um 10 Hz, wieder signifikant zunimmt.
Der Neurostimulator ist inzwischen durch den Lizenzpartner des Forschungszentrums, die Firma ANM Adaptive Neuromodulation GmbH, als Medizinprodukt entwickelt und zugelassen und wird durch diesen vertrieben.
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