Mechanismus zur Entstehung von Mutationen erforscht

Konstanzer Graduiertenschule erforschte den häufigsten Replikationsfehler der DNA

26.07.2010 - Deutschland

Eine interdisziplinäre Forschungsgruppe der Universität Konstanz entschlüsselte den am häufigsten auftretenden Erbgutschaden und brachte Licht in die intrinsische Instabilität der DNA. Die Wissenschaftler der Konstanzer Graduiertenschule Chemische Biologie gewannen grundlegende Einsichten in den biochemischen Mechanismus, der einen hochgradig mutagenen Replikationsfehler in den Zellen hervorruft und unter anderem eine Ursache von Zellmutationen wie Krebs sein kann.

Wann immer sich Zellen teilen, müssen die vier Bausteine der DNA - die Nukleobasen Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin - dupliziert werden. „Die Abfolge dieser Bausteine bestimmt das Leben“, erklärt Andreas Marx, Professor für Organische und Zelluläre Chemie an der Universität Konstanz. Circa 10.000mal am Tag gehen jedoch in der Zelle solche Erbgutbausteine verloren und müssen durch die Informationen des gegenüberliegenden DNA-Strangs wiederhergestellt werden.

Geschieht diese Schädigung der DNA allerdings mitten im Zellteilungsprozess, kann die Reparatur der Zellinformation nicht mehr greifen. Die DNA behilft sich in diesem Fall damit, dass sie in ihrem Verdopplungsprozess gegenüber einer solchen Leerstelle bevorzugt die Base Adenin einbaut: Es kommt damit jedoch zur Vertauschung der Basenreihenfolge; die ursprüngliche genetische Information geht verloren, Mutationen sind häufig die Folge.

„Es wurde nie verstanden, warum Adenin eingebaut wird“, erklärt Andreas Marx, der gemeinsam mit den Professoren Kay Diederichs und Wolfram Welte der Universität Konstanz diesen grundlegenden Mechanismus analysiert hat: „Bisher wurde immer gedacht, es seien die intrinsischen Eigenschaften von Adenin, die dies bewirken.“ Die Biologen, Chemiker und Life-Science-Forscher der Konstanzer Graduiertenschule zeichnen mit ihren Ergebnissen jedoch ein anderes Bild: „Was wir gefunden haben, ist völlig überraschend und entgegen der bisherigen Lehrmeinung“, erläutert Andreas Marx: „Es ist nicht das Intrinsische von Adenin, sondern es ist die Proteinumgebung, die die Auswahl der eingebauten Basen bestimmt.“ Die Proteinumgebung bildet an der entstandenen Leerstelle eine Proteinseitenkette als Ersatzstoff für die verlorengegangene Information aus. Die Stelle, die einst der verschwundene basische Baustein innehatte, wird somit von einer Proteinseitenkette eingenommen.

In ihrer Veröffentlichung im Wissenschaftsjournal „EMBO“ zeigen die Forscher der Graduiertenschule, wie dieser biologische Mechanismus insofern modifiziert werden könnte, dass er die verlorengegangenen Bausteine selektiv ergänzt, anstatt geradlinig Adenin einzubauen und eine Zellmutation zu riskieren. Indem sie die Aminosäure Tyrosin durch Tryptophan austauschen, bewirken sie eine differenzierte Wiederherstellung der verlorenen Stoffe. „Wir zeigen dem Enzym einen Weg auf, wie es ohne Fehler selektiv die verlorengegangenen Informationen synthetisieren kann“, konstatiert Andreas Marx.

Originalveröffentlichung: The EMBO Journal (2010), Ausgabe 29, S. 1738-1747

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