Inhibitoren von MurA, ein Target-Enzym zur Entwicklung neuer Antibiotika

22.07.2010 - Deutschland

Das Auftreten von Infektionskrankheiten hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen, bedingt durch Antibiotika-Resistenzen, die globale Erwärmung und intensiven globalen Reiseverkehr. Inbesondere durch die Entwicklung von Resistenzen, u.a. ausgelöst durch intensiven Einsatz von Antibiotika als Futtermittelzusatz in der Tiernahrung, ergibt sich die dringende Notwendigkeit, neue Antbiotika gegen „multi-drug resistant organisms“ (MDRO´s) zu entwickeln. Da man lange Zeit glaubte bakterielle Infektionskrankheiten mit wirksamen Antibiotika im wesentlichen im Griff zu haben, zog sich die pharmazeutische Industrie immer weiter aus der Antibiotikaforschung zurück, zumal auch keine so hohen Gewinne zu erwarten waren wie durch die Entwicklung von Arzneistoffen in anderen Therapiegebieten. Folglich sind in den letzten 40 Jahren nur drei neue Antibiotikaklassen gefunden worden, und zwar zyklische Lipopeptide, Glycylcycline, and Oxazolidinone.

Dabei haben sich solche Antibiotika besonders bewährt, die wie beta-Lactame oder Glykopeptide den Aufbau der bakteriellen Zellwand verhindern. Ein jedoch bisher kaum verfolgter Therapieansatzpunkt besteht in der Hemmung des Enzyms MurA, das ebenfalls für den biochemischen Aufbau der bakteriellen Zellwand essentiell ist. Ziel des in Kooperation mit dem Arbeitskreis von Prof. Dr. Ch. Klein der Universität Heidelberg durchgeführten Projektes ist die Entwicklung von Inhibitoren dieses bisher kaum beforschten Target-Enzyms. Endotherm bringt dabei seine Expertise im Bereich des rationalen Wirkstoffdesigns und der Herstellung von Target-basierten Substanzbibliotheken in die Kooperation ein, während die Arbeitsgruppe von Prof. Ch. Klein über Expertise zur Expression des Enzyms und leistungsfähige biochemische Testverfahren (Assays) zur Bewertung der Substanzen bezüglich ihrer MurA-Hemm-Aktivität verfügt.

Das Target-Enzym MurA katalysiert die Biosynthese der aus Murein bestehenden bakteriellen Zellwand, was bei höheren Organismen in dieser Form nicht stattfindet. Inhibitoren von MurA sind deshalb zur Entwicklung neuer Antibiotika besonders attraktiv. Bedeutende Therapieerfolge zeigte bereits das in der Natur vorkommende Breitbandantibiotikum Fosfomycin, welches ebenfalls an diesem Target angreift. Fosfomycin bindet kovalent an die Thiol-Gruppe eines MurA-Cysteins des Bakteriums und hemmt so seine Aktivität irreversibel. Gegen Fosfomycin entwickelt das Bakterium jedoch schnell Resistenzen, da es die Thiolgruppe des Cysteins einfach durch Genmutation gegen andere Funktionalitäten austauscht, die die Enzymaktivität wieder herstellen, aber nicht durch Fosfomycin blockiert werden können.

Im Gegensatz dazu wird im Rahmen des Projektes versucht, dem Enzym entweder ein unreaktives Imitat eines zur Synthese der Zellwand erforderlichen natürlichen Bausteins (ein Phoshoenolpyruvat) anzubieten, welches dann vom Enzym fälschlicherweise zum Aufbau der Zellwand verwendet wird, oder dem Enzym gegenüber einen reaktiven Übergangszustand der aus UNAG (UDP-N-acetylglucosamine) bestehenden Zellwandbausteine zu simulieren. Beides könnte das Enzym auf Dauer wirkungslos machen und Resistenzen überwinden.

Mittlerweile hat sich diese Strategie als erfolgreich erwiesen: Es wurden von Endotherm und den Partnern der Universität Heidelberg bereits erste viel versprechende MurA-Hemmstoffe gefunden, die nun durch chemische Modifizierung der Leitstruktur optimiert werden, um auch noch die gewünschte antibiotische Wirkung zu erzielen.

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