Mit Antibiotika nachhaltig gegen Malaria vorbeugen
Eine Antibiotika-Behandlung während des Leberstadiums der Malaria erzeugt eine schützende Immunität bei Mäusen
Max Planck Institute for Infection Biology / Brinkmann
Malaria ist immer noch die häufigste und gefährlichste, von Insekten übertragene Krankheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jährlich eine Millionen Menschen daran sterben, vor allem Kinder in afrikanischen Ländern. Global sind über drei Milliarden Menschen dem Risiko einer Malariainfektion ausgesetzt. Noch immer gibt es kein Medikament, das gleichzeitig die Menschen zuverlässig vor einer Infektion schützt und gleichzeitig den Aufbau einer lang anhaltenden Immunität fördert.
Mäuse im Modell komplett geschützt
Die Wissenschaftler entwickelten an Mäusen folgendes Immunisierungsmodell: Die Tiere erhielten Sporozoiten (infektiöses Stadium der Malariaerreger) direkt ins Blut gespritzt. Zur gleichen Zeit wurden sie drei Tage lang mit den Antibiotika Clindamycin oder Azithromycin behandelt. Normalerweise wandern die Sporozoiten zunächst in die Leber, wo sie zu den krank machenden Blutstadien (Merozoiten) heranreifen. Die Medikamente bewirkten zwar keine Verlangsamung der Reifung der Merozoiten in Leberzellen, verhinderten anschließend aber einen Befall der roten Blutkörperchen im Blut. Die typischen, ausschließlich von Blutstadien hervorgerufenen Krankheitssymptome traten also nicht auf. Die in den Leberzellen angereicherten Parasiten boten einen ausreichenden Reiz für das Immunsystem, eine stabile und dauerhafte Immunität zu entwickeln. Nach 40 Tagen, vier und sechs Monaten infizierten die Forscher die Mäuse wieder mit Sporozoiten, diesmal ohne erneute Antibiotikagabe. Alle Tiere waren vollständig gegen die Malaria geschützt.
Übertragbarkeit auf den Menschen
Natürlich stellt sich die Frage, ob diese Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind. Unter Feldbedingungen wird der menschliche Organismus beim Mückenstich zwar mit häufigen, aber eher niedrig dosierten Erregerkonzentrationen konfrontiert. Beim Nachahmen dieses Infektionsmodus im Mausmodell waren immer noch 30 Prozent der Mäuse geschützt. Bei 85 Prozent der trotzdem erkrankten Mäuse verlief die Malaria ohne einen Befall des Gehirns, was prognostisch günstig zu bewerten ist.
"Die verwendeten Antibiotika sind bezahlbare Medikamente ohne schwerwiegende Nebenwirkungen. Eine periodische, kurzzeitige Antibiotikagabe an Bewohner von Malariagebieten hat das Potential als "Nadel-freie", natürliche Impfung gegen Malaria vor Reinfektionen zu schützen. Damit hätten wir ein zusätzliches schlagkräftiges Instrument gegen die Malaria in der Hand", meint Steffen Borrmann. Kai Matuschewski fügt hinzu: "Eine wesentliche Motivation für unsere Studie war ein einfaches Konzept, das auch in Malariagebieten verwirklichbar ist, zu testen. Wir sind überzeugt, dass abgeschwächte Erreger den besten Impfschutz gegen eine so komplexe parasitische Erkrankung wie Malaria erzeugen."
Neuer Angriffspunkt für zukünftige Medikamente
Der Angriffsort der verabreichten Antibiotika liegt im Apicoplast der Parasiten. Das ist ein kleines Zellorgan bakteriellen Ursprungs, das für die Parasiten unbedingt notwendig ist, um in weitere Zellen des Wirtsorganismus einzudringen. Da die medikamentöse Blockierung des Apicoplast aber nicht verhindert, dass sich die Sporozoiten in der Leberzelle vermehren, wird das Immunsystem der vollen Antigenlast einer natürlichen Infektion ausgesetzt. Das ist bei den bisher entwickelten Impfstoffen mit bestrahlten oder gentechnisch abgeschwächten Malariaerregern nicht der Fall. "Selbst wenn sich unsere Ergebnisse im Feldversuch nicht bestätigen ließen, stellt doch der Apicoplast ein äußerst vielversprechendes Angriffsziel zukünftiger Medikamente dar", erklärt Johannes Friesen vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie.
Originalveröffentlichung: Johannes Friesen, Olivier Silvie, Elyzana Dewi Putrianti, Julius C.R. Hafalla, Kai Matuschewski, Steffen Borrmann; "Natural Immunization against Malaria: Causal Prophylaxis with Antibiotics"; Johannes Science Translational Medicine, 2010, Online-Publikation, 14. Juli 2010