Probier´s mal mit Gemütlichkeit: Sehr langsame Malaria-Erreger könnten sich als Impfstoff eignen
Langsame Entwicklung aktiviert Immunsystem nachhaltig
Bei der Suche nach einem „harmlosen“ Plasmodium-Parasiten half die Recherche in einer Gendatenbank: Von den rund 5.000 Genen des Parasiten ist bereits die Hälfte zu einem gewissen Maße entschlüsselt und beschrieben. Man weiß, welche dieser Gene die Entwicklungsgeschwindigkeit des Parasiten im Blut beeinflussen könnten. Dem Team gelang es, 17 Linien des Nagetier-Parasiten Plasmodium berghei zu züchten, bei denen jeweils eines dieser Entwicklungs-Gene ausgeschaltet war. Einzelne dieser Linien entwickelten sich tatsächlich deutlich verlangsamt, dabei weitestgehend normal in der Mücke und der Leber infizierter Mäuse. Zwei Linien wurden erfolgreich vom Immunsystem der Mäuse bekämpft. „Diese beiden Hauptkandidaten für einen Impfstoff waren gleichzeitig auch die langsamsten Linien. Sie brauchten für ihre Entwicklung und Vermehrung rund drei- bis viermal so lang wie unveränderte Plasmodien“, so Dr. Sattler. Die sicherste Impfwirkung erzielte die langsamste Linie: Bei späteren Infektionen mit unveränderten Erregern nach drei, sechs und zwölf Monaten verstarb keines der geimpften Tiere, sie waren entweder vollständig vor Malaria geschützt oder entwickelten nur milde Symptome, die von alleine ausheilten.
Übertragung auf den Menschen herausfordernd
Aktuell forscht das Team um Professor Friedrich Frischknecht, Arbeitsgruppenleiter am Zentrum für Infektiologie des UKHD und Wissenschaftler im DZIF-Forschungsbereich „Malaria und vernachlässigte Tropenkrankheiten“, daran, die Methode auf den Menschen zu übertragen. Die Forschenden haben bereits zwei Linien des Erregers der menschlichen Malaria, Plasmodium falciparum, mit verlangsamter Wachstumsrate erzeugt. Allerdings vermehrt sich Plasmodium falciparum nicht in Mäusen. „Wir können die genetisch veränderten Parasiten zwar erzeugen, aber sie durchlaufen im Labor nicht ihren kompletten Entwicklungszyklus. So ist es schwierig, die am besten geeigneten Varianten herauszufiltern. Bisher behelfen wir uns mit Blut- und Zellkulturen, aber das ist kaum vergleichbar mit der Situation im lebenden Organismus“, sagt Prof. Frischknecht. „Wir halten unseren Ansatz für vielversprechend, aber bis wir ihn am Menschen erproben können, ist es noch ein langer Weg. Trotzdem liefert er uns bereits jetzt wertvolle Informationen für die Entwicklung zuverlässiger Impfstoffe.“
Zuverlässiger Impfstoff dringend gesucht
Etwa 250 Millionen Menschen erkranken jährlich an Malaria, rund 95 Prozent davon in Afrika. Mehr als 600.000 sterben jedes Jahr daran, vor allem Kinder unter fünf Jahren. Die Erreger werden von Stechmücken übertragen und befallen im Körper zunächst Leberzellen. Dort entwickeln sie sich zu einer aggressiven Form weiter, die in rote Blutzellen eindringt, sich dort massenhaft vermehrt und dabei die Blutzellen zerstört. Dies verursacht die häufig lebensgefährlichen Symptome der Malaria: Wiederkehrende Fieberschübe, Blutarmut, Gefäßverschlüsse bis hin zu Organversagen und Koma. Gegen Medikamente entwickeln die Erreger früher oder später Resistenzen. Besser wäre eine Impfung. Aber aktuelle Impfansätze mit Bruchstücken bestimmter Eiweiße der Erreger oder degenerierten kompletten Parasiten bieten entweder nur einen unbefriedigenden Schutz vor schweren Verläufen oder sind zu teuer.
Originalveröffentlichung
Julia M Sattler, Lukas Keiber, Aiman Abdelrahim, Xinyu Zheng, Martin Jäcklin, Luisa Zechel, Catherine A Moreau, Smilla Steinbrück, Manuel Fischer, Chris J Janse, Angelika Hoffmann, Franziska Hentzschel, Friedrich Frischknecht; "Experimental vaccination by single dose sporozoite injection of blood-stage attenuated malaria parasites"; EMBO Molecular Medicine, 2024-8-5