Kein Stress mit Strukturformeln

Oje, chemische Formeln! Damit der Stress nicht gleich die Note im Biologie-Test verhagelt, können kleine Tipps helfen

01.07.2024

Strukturformeln sind für viele Schülerinnen und Schüler ein rotes Tuch, aber im Biologie-Unterricht teils unerlässlich. Eine gemeinsame Studie der Biologie-Didaktikerin Dr. Nina Minkley von der Ruhr-Universität Bochum und dem Chemie-Didaktiker Privatdozent Dr. Sascha Bernholt vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel hat gezeigt, dass der Stress von Schüler*innen bei Aufgaben mit chemischen Formeln deutlich nachlässt, wenn sie kleine Hinweise zur Verfügung gestellt bekommen, wie mit den Formeln umzugehen ist. „Dadurch steigen auch die Leistungen“, berichtet Studienleiterin Nina Minkley. Sie und ihr Team haben 136 Teilnehmenden aus der gymnasialen Oberstufe Tests mit und ohne Tipps vorgelegt und die Leistungen und das Stresslevel verglichen. Sie berichten in der Zeitschrift Research in Science Education vom 26. Juni 2024.

© RUB, Marquard

Chemische Formeln rufen bei vielen Schüler*innen Stressreaktionen hervor.

Eigentlich sind chemische Formeln Gegenstand des Chemie-Unterrichts und werden dort schon in der Unterstufe systematisch eingeführt. In der Biologie kommen sie in verschiedenen Bereichen vor, etwa wenn es um die Fotosynthesereaktion geht. „Die Erfahrung und auch frühere Untersuchungen zeigen, dass insbesondere komplexe Strukturformeln zu Stressreaktionen führen können und viele Schüler*innen starke Schwierigkeiten mit ihnen haben und versuchen, sie zu vermeiden“, berichtet Nina Minkley. „Im Biologie-Unterricht fehlt aber die Zeit, um die Formeln noch einmal systematisch einzuführen.“

H steht für Wasserstoff

Ihre Idee war daher, den Schüler*innen Tipps an die Hand zu geben, die den Umgang mit den Formeln erleichtern. Solch ein Tipp könnte sein, dass der Buchstabe H für Wasserstoff steht, oder dass Kohlenstoff, bezeichnet durch den Buchstaben C, maximal vier Bindungspartner haben kann.

Für ihr Experiment unterzogen die Forschenden eine Gruppe von 136 Oberstufenschüler*innen zunächst einem Vortest, in dem sie das Vorwissen zum Thema Strukturformeln ermittelten. Dann schrieben die Teilnehmenden einen Test, in dem die Hälfte Tipps bekam, die andere Hälfte nicht. Die Forschenden verglichen sowohl die Ergebnisse in den Tests als auch den subjektiv wahrgenommenen und objektiv anhand der Herzratenvariabilität gemessenen Stress.

Weniger Stress, bessere Leistungen

„Wir konnten sehen, dass die Schüler*innen, die Tipps bekommen hatten, weniger gestresst waren und bessere Ergebnisse abgeliefert haben als die Kontrollgruppe, die keine Hinweise bekommen hatte“, berichtet Nina Minkley. Den Einfluss des Vorwissens hatten die Forschenden für den Vergleich herausgerechnet. „Solche kleinen Hinweise, die für Lehrerinnen und Lehrer einfach zu geben sind, könnten dazu beitragen, dass sich Schüler*innen bei Aufgaben und in Tests auf das Wesentliche konzentrieren können – was ja nicht das Verstehen der Strukturformel ist.“ Das Forschungsteam argumentiert außerdem, dass zu starker Stress zu kognitiven Einbußen führen kann, die für den Abruf von gelernten Informationen hinderlich sein können. Diese Situation ließe sich durch Tipps zu den Formeln vermeiden.

Neben Stress und Leistung untersuchte das Team auch den Einfluss der Tipps auf die Selbstwirksamkeit der Schüler*innen. „Da konnten wir aber so gut wie gar keinen Unterschied feststellen“, so Nina Minkley. „Den Schüler*innen war wohl bewusst, dass sie in Sachen Strukturformeln Lücken hatten – ob mit Tipps oder ohne.“

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