Mechanismus zur Differenzierung von spezifischen Immunzelltypen entdeckt
Gamma-Delta-T-Zellen als Ansatz für Krebs-Immuntherapien
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T-Zellen sind ein wichtiger Bestandteil des körpereigenen Immunsystems. Sie greifen virusbefallene und mutierte Körperzellen nicht nur an, sondern können diese direkt zerstören. Das macht T-Zellen besonders für die Erforschung neuer Krebstherapien relevant. Es gibt unterschiedliche T-Zelltypen– Alpha-Beta(αβ) und Gamma-Delta (γδ)–, die aus Vorläuferzellen entstehen und alle auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert sind. Sie entwickeln sich in der im Brustkorb lokalisierten Thymusdrüse. Die Gamma-Delta-T-Zelle spielt nicht nur bei der Stressüberwachung, sondern auch bei der Immunität gegen Infektions- und Krebserkrankungen eine wichtige Rolle. Die Alpha-Beta-T-Zellen hingegen haben eine zentrale Rolle bei der adaptiven Immunantwort. Bei Mäusen als auch bei Menschen differenzieren sich nur etwa fünf Prozent der Vorläuferzellen zu Gamma-Delta-T-Zellen, bei anderen Tierarten steigt diese Häufigkeit bis zu 40 Prozent an.
Seit mehr als drei Jahrzehnten versuchen Immunologen und Stammzellbiologen herauszufinden, welche Faktoren diese Differenzierung beeinflussen. Einem Forscherteam von Dr. Baubak Bajoghli des Labors für Translationale Onkologie (Leiterin Prof. Dr. Julia Skokowa) am Universitätsklinikum Tübingen ist es nun gemeinsam mit Prof. Dr. Maria Leptin vom EMBL und Prof. Dr. Joachim Wittbrodt von der Universität Heidelberg gelungen, eine Antwort darauf zu finden: Sie konnten einen möglichen zellulären Mechanismus aufdecken, der die Häufigkeit von Gamma-Delta-T-Zellen innerhalb einer Spezies kontrolliert. Dabei fanden die Forschenden heraus, dass Vorläuferzellen, die in den Thymus eintreten, um sich dort als Alpha-Beta- oder Gamma-Delta-T-Zell-Linie zu differenzieren, einem unterschiedlichen Migrationsverhalten folgen – wann, wo und wie sie auf die Signale aus der thymischen Umgebung reagieren, bestimmt demnach ihr weiteres Schicksal. „Deshalb ist es für Vorläuferzellen wichtig, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, um sich als Gamma-Delta-T-Zellen zu differenzieren," erklärt Dr. Bajoghli.
Die Möglichkeit, alle mit der T-Zell-Entwicklung verbundenen Ereignisse direkt zu visualisieren, liefert den Forschern und Forscherinnen wertvolle quantitative Informationen darüber, welche genetischen Signaturen sich mit dem Migrationsverhalten der Zellen während ihrer Differenzierung verknüpfen. Als Modellorganismus verwendete die Forschergruppe Medaka-Fischembryonen, da in ihnen die T-Zell-Entwicklung nicht nur ähnlich verläuft wie beim Menschen, sondern Medaka auch mehr Gamma-Delta-T-Zellen im Thymus bilden. Bereits in der Vergangenheit konnte das Team diese Fischart als besonders leistungsstarkes Modellsystem etablieren, mit dem es möglich ist, das Migrationsverhalten aller sich entwickelnder T-Zellen mittels konfokaler Mikroskopie zu untersuchen. Mausmodelle erwiesen sich hierfür als technisch zu anspruchsvoll.
Um zu verstehen, wie die Anzahl und Häufigkeit von Gamma-Delta-T-Zellen zwischen den Spezies variiert, kombinierten sie experimentelle Forschungsansätze mit Informatik und Computermodellierung: „Mit dem Computermodell“, so Bajoghli, „können wir nun direkt die Grenzen unseres Wissens über die T-Zell-Entwicklung im gesunden Organismus und im Krankheitszustand testen“.
Neueste Forschungen haben Gamma-Delta-T-Zellen als attraktive Kandidaten für adoptive Krebszell-Immuntherapien identifiziert. Mit den Ergebnissen dieser Studie hofft die Forschergruppe zur Entwicklung neuer Strategien zur Gewinnung von Gamma-Delta-T-Zellen bei Patientinnen und Patienten beizutragen. Zudem wollen sie das Computermodell nutzen, um Szenarien zur malignen Umwandlung von sich in der Entwicklung befindenden T-Zellen durchzuspielen oder um die Ergebnisse verschiedener therapeutischer Strategien gegen T-Zell-Leukämie vorherzusagen.