Neue Strategie gegen Osteoporose

Internationales Forscherteam hat einen neuen Ansatzpunkt gefunden, über den man möglicherweise den Knochenabbau verringern und die Knochengesundheit erhalten kann

11.08.2020 - Deutschland

Die Osteoporose ist die häufigste altersbedingte Knochenkrankheit. Weltweit sind hunderte Millionen Menschen davon betroffen. Es wird geschätzt, dass eine von drei Frauen und einer von fünf Männern im Alter über 50 an osteoporotischen Knochenbrüchen leidet.

Tan Wen Hui, University of Singapore

Links zwei gesunde Wirbelkörper aus der Wirbelsäule eines Medaka-Fisches: Die Knochenmatrix (grün) ist normal mineralisiert und von knochenbildenden Zellen (magenta) umgeben. Rechts die Situation bei einem osteoporotischen Fisch.

Verursacht wird die Osteoporose durch eine übermäßige Aktivität der knochenabbauenden Zellen, verbunden mit einer verminderten Aktivität der knochenbildenden Zellen. Bei gesunden Menschen ist die Aktivität dieser beiden Zelltypen ausgewogen, was zu einem konstanten Materialumsatz in den Knochen führt und diese gesund und stark hält.

Bei der Osteoporose führt ein zu hoher Knochenabbau zu einer niedrigen Knochenmineraldichte und folglich zu schwachen und bruchgefährdeten Knochen. Wenn die Knochenneubildung nicht in der Lage ist, den Knochenschwund auszugleichen, wird der Knochen geschwächt und ist dann anfälliger für Frakturen.

Gängige Medikamente haben Nachteile

Bei den meisten Osteoporose-Therapien werden Bisphosphonate eingesetzt. Das sind Medikamente, welche die knochenabbauenden Zellen blockieren. Bei längerer Behandlung mit diesen Wirkstoffen entfällt aber der wichtige Materialumsatz im Knochen – das führt am Ende wieder zu einem erhöhten Bruchrisiko und zu anderen unerwünschten Nebenwirkungen. Daher sucht die medizinische Forschung neue Strategien, um die Grenzen der derzeitigen Therapien zu überwinden.

Hier gibt es nun neue Fortschritte. Erarbeitet wurden sie in einer Kooperation der Professoren Christoph Winkler (Fakultät für Biowissenschaften, National University of Singapore, NUS) und Manfred Schartl (Biozentrum, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, JMU); veröffentlicht sind die Ergebnisse im Fachjournal PNAS.

Kleines Protein mobilisiert knochenabbauende Zellen

Das Team hat bei einer genetischen Analyse des Laborfisches Medaka (Oryzias latipes) das kleine Protein CXCL9 als wichtigen Akteur identifiziert, der die Rekrutierung von knochenabbauenden Zellen kontrolliert.

Unter osteoporotischen Bedingungen sammelt sich das kleine Protein in Reservoirs an, die auch Vorläufer von knochenabbauenden Zellen enthalten. Diese Vorläufer produzieren auf ihrer Zelloberfläche den Rezeptor CXCR3. Dieser wird vom Protein CXCL9 aktiviert, die Vorläuferzellen werden dadurch mobilisiert und wandern über weite Strecken zum Knochen, wo sie mit ihrer destruktiven Arbeit beginnen.

Bekannte Hemmstoffe sind hochwirksam

Sowohl von CXCL9 als auch von seinem Rezeptor CXCR3 ist seit langem bekannt, dass sie die Wanderung von Immunzellen zu Entzündungsherden modulieren, zum Beispiel bei Psoriasis und rheumatoider Arthritis. Es gibt mehrere chemische Hemmstoffe, die die Aktivität von CXCR3 blockieren, in klinischen Tests zur Behandlung von Psoriasis bisher aber wenig Erfolg zeigten.

In PNAS zeigt das internationale Forschungsteam nun, dass genau diese Hemmstoffe hochwirksam die Rekrutierung von knochenabbauenden Zellen blockieren und den Knochen vor der Osteoporose schützen.

Fein abgestimmten Therapien scheinen möglich

Das Fazit der Professoren Schartl und Winkler: „Unsere Studien eröffnen neue Wege zur Osteoporose-Therapie. Die neue Strategie ermöglicht eine fein abgestimmte Modulation der Anzahl der knochenabbauenden Zellen, die in die Knochenmatrix rekrutiert werden, anstatt eine generelle Blockade dieser Zellen wie bei herkömmlichen Therapien. Das hat große Vorteile, da ein übermäßiger Knochenabbau gezielt verhindert werden kann, der normale Knochenumsatz aber erhalten bleibt. Das bietet das Potenzial, erhöhte Frakturrisiken bei Osteoporose-Patienten zu vermeiden und gesunde Knochen für eine verbesserte Lebensqualität zu erhalten.“

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