Enzyme als Doppelagenten: Neuer Mechanismus bei der Proteinmodifikation entdeckt

Studie deckt eine ganz neue Komplexität innerhalb der Enzym-Maschinerie auf

08.07.2020 - Deutschland

Proteine nehmen in Pflanzen eine wichtige Funktion bei der Fotosynthese ein. Um gezielt arbeiten zu können, verändern sie nach der Herstellung in der Zelle ihre chemische Form. Die Rolle des „Antreibers“ spielen dabei Enzyme. Forscher haben jetzt Enzyme identifiziert, die auf doppelte Weise Reaktionen in der Zelle möglich machen. Die Studie ist in „Molecular Systems Biology“ erschienen.

Annika Brünje/ Molecular Systems Biology

Forscher entdeckten in den Chloroplasten von Pflanzenzellen (Mitte) eine neue Familie bestimmter Acetyltransferasen (GNAT). Die Enzyme können zwei verschiedene Acetylierungen an Proteinsequenzen (bunte Ketten aus Aminosäuren) antreiben.

Proteine – sie sind die Arbeiter einer Zelle und als „Grundstoff des Lebens“ verantwortlich für die unterschiedlichen Prozesse des Stoffwechsels. In Pflanzen nehmen sie beispielsweise eine wichtige Funktion bei der Fotosynthese ein. Um gezielt arbeiten zu können, werden Proteine nach der Herstellung in der Zelle in ihrer chemischen Form verändert – zum Beispiel durch die Proteinacetylierung, bei der eine Acetylgruppe auf das Protein übergeht. Die Rolle des „Antreibers“ spielen dabei Enzyme, sogenannte Acetyltransferasen. Über die genauen Mechanismen, die dem Prozess zugrunde liegen, ist jedoch noch wenig bekannt.

Ein interdisziplinäres Forscherteam aus Deutschland, Finnland und Frankreich hat jetzt acht neue Acetyltransferasen in einem Zellorganell von Pflanzen gefunden. Dabei machten die Wissenschaftler eine überraschende Entdeckung: Die identifizierten Enzyme sind in der Zelle auf doppelte Weise katalytisch aktiv – machen also auf unterschiedlichen Wegen Reaktionen möglich. Zuvor war angenommen worden, dass die verschiedenen Acetylierungen auch durch verschiedene Enzyme angetrieben werden.

„Unsere Studie deckt eine ganz neue Komplexität innerhalb der Enzym-Maschinerie auf. Die Ergebnisse legen nahe, dass auch andere Enzyme in eukaryotischen Zellen solche ,Doppel-Aktivitäten‘ aufweisen können“, betont Studienleiterin Prof. Dr. Iris Finkemeier von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Für eines der neu identifizierten Enzyme konnten die Wissenschaftler bereits zeigen, dass es eine wichtige Funktion für die Fotosynthese von Pflanzen aufweist. „Unser langfristiges Ziel ist es, die durch die Acetylierung gesteuerten Prozesse zu verstehen, um die Fotosynthese möglicherweise effizienter machen zu können“, sagt die münstersche Doktorandin Annika Brünje, die sich mit Dr. Willy Bienvenut von der Universität Paris-Saclay die Erstautorenschaft der Publikation teilt. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Molecular Systems Biology“ erschienen.

Hintergrund und Methode:

Für die Experimente nutzten die Wissenschaftler die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) als Modellpflanze. Dabei sahen sie sich zwei wichtige Wege der Proteinmodifikation genauer an: die sogenannte N-terminale Acetylierung und die Lysin-Acetylierung. Bei diesen Modifikationen wird eine Acetylgruppe entweder auf das N-Terminus genannte Ende eines Proteins oder auf den Lysin-Rest übertragen. Beide Prozesse findet man sehr häufig bei Proteinen in Chloroplasten – den Zellbestandteilen, in denen die Fotosynthese stattfindet.

Um herauszufinden, welche Enzyme dabei eine Rolle spielen, identifizierten die Forscher zuerst mögliche Acetyltransferasen mithilfe einer Protein-Datenbank und orteten darüber hinaus das Vorkommen der Proteine in der Zelle (subzelluläre Lokalisation). So entdeckten sie in den Chloroplasten eine neue Familie bestimmter Acetyltransferasen, GNAT genannt.

Mithilfe von Verfahren der quantitativen Massenspektrometrie belegten die Wissenschaftler darüber hinaus, dass die Enzyme sowohl bei der N-terminalen Acetylierung als auch der Lysin-Acetylierung aktiv sind und die Proteine entsprechend verändern. Inaktivierten die Wissenschaftler eines der Enzyme mithilfe von genetischen Veränderungen der Pflanze, beobachteten sie im Umkehrschluss, dass beide Acetylierungen nicht mehr richtig funktionierten.

In weiteren Untersuchungen wollen die Wissenschaftler zunächst herausfinden, welche Funktionen die einzelnen identifizierten Enzyme haben. „Wir erwarten, in den kommenden Jahren noch weitere neue Prozesse zu entdecken, die diese Enzyme in den Chloroplasten regulieren“, sagt Dr. Carmela Giglione von der der Universität Paris-Saclay, Co-Leiterin der Studie.

Originalveröffentlichung

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