Plasmen treiben die Biokatalyse an
Forschungsteam hat eine neue Methode entwickelt, katalytisch aktive Enzyme anzutreiben
© RUB, Marquard
Mildere Bedingungen, weniger Energieverbrauch und Abfall
Bei der Biokatalyse werden Chemikalien durch Zellen oder deren Bestandteile hergestellt, insbesondere durch Enzyme. Gegenüber traditionellen chemischen Verfahren hat die Biokatalyse viele Vorteile: Die Reaktionsbedingungen sind meist deutlich milder, der Energieverbrauch niedriger und es entsteht weniger toxischer Abfall. Durch die hohe Spezifität von Enzymen ergeben sich außerdem weniger Nebenreaktionen. Manche Feinchemikalien können sogar nur durch Biokatalyse synthetisiert werden.
Die Schattenseite der Biokatalyse mithilfe von Enzymen ist die geringe Stabilität mancher Enzyme. „Da das Enzym in diesen Fällen oft ersetzt werden muss, was teuer ist, ist es enorm wichtig, die Stabilität unter Produktionsbedingungen zu erhöhen“, erklärt Erstautor Abdulkadir Yayci vom Lehrstuhl für Angewandte Mikrobiologie von Prof. Dr. Julia Bandow.
Wasserstoffperoxid: Notwendig, aber schädlich
Das Forschungsteam hat sich mit zwei ähnlichen Enzymklassen beschäftigt: Peroxidasen und Peroxygenasen. Beide verwenden Wasserstoffperoxid als Ausgangsstoff für Oxidationen. Das entscheidende Problem ist, dass Wasserstoffperoxid zwar für die Aktivität absolut notwendig ist, aber in höheren Konzentrationen zum Aktivitätsverlust der Enzyme führt. Speziell für diese Enzymklassen ist es daher sehr wichtig, Wasserstoffperoxid dosiert zuzuführen.
Um das zu bewerkstelligen, untersuchten die Forscher Plasmen als Quelle für Wasserstoffperoxid. Plasma beschreibt den vierten Aggregatzustand, der entsteht, wenn man einem Gas Energie hinzufügt. Werden Flüssigkeiten mit Plasmen behandelt, entsteht eine Vielzahl von reaktiven Sauerstoff- und Stickstoff-Spezies, die dann teils zu langlebigem Wasserstoffperoxid abreagieren, welches für die Biokatalyse genutzt werden kann.
Biokatalytische Reaktionen mit plasma-generiertem Wasserstoffperoxid sind möglich
In der Arbeit, in der die Meerrettichperoxidase als eines der Modellenzyme diente, konnte das Team zeigen, dass dieses System prinzipiell funktioniert. Gleichzeitig gelang es, die Schwachstellen der Plasmabehandlung zu identifizieren: „Die Plasmabehandlung greift auch direkt die Enzyme an und inaktiviert sie, höchstwahrscheinlich durch die hochreaktiven, kurzlebigen Spezies in der plasma-behandelten Flüssigkeit“, beschreibt Abdulkadir Yayci. Die Arbeitsgruppe konnte die Reaktionsbedingungen verbessern, indem sie das Enzym an ein inertes Trägermaterial band. Dadurch entsteht über dem Enzym eine Pufferzone, in der die hochreaktiven Plasma-Spezies abreagieren können, ohne dem Enzym zu schaden.
An einem zweiten Enzym, der unspezifischen Peroxygenase aus dem Pilz Agrocybe aegerita, prüften die Forscher dann ihren Ansatz. Diese Peroxygenase kann hochselektiv eine Vielzahl von Substraten oxidieren. „Wir konnten zeigen, dass diese Spezifität auch unter Plasmabehandlung erhalten bleibt und hochselektive biokatalytische Reaktionen mithilfe von Plasma möglich sind“, fasst Julia Bandow zusammen.