Aus eins mach zwei – Teilung künstlicher Zellen

Wissenschaftlern ist es gelungen, künstliche Zellen kontrolliert in zwei Tochterzellen zu teilen

21.02.2020 - Deutschland

Die Erfolgsgeschichte des Lebens auf der Erde beruht auf der erstaunlichen Fähigkeit von lebenden Zellen, sich in zwei Tochterzellen zu teilen. Während eines solchen Teilungsprozesses muss die äußere Zellmembran eine Reihe von Formänderungen durchlaufen, die schließlich zur Membranteilung führen. Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam, und am Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz, ist es jetzt gelungen, diese Prozesse durch kontrollierte Verankerung von Proteinen an den Membranen zu steuern und auf diese Weise künstliche Zellen zu teilen.

© Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung/Jan Steinkühler

Teilungsprozess einer künstlichen Zelle (rot), der durch die Protein-Konzentration (grün) in der äußeren wässrigen Lösung gesteuert wird: (I) Geringe Proteinkonzentrationen führen zu einer prolaten oder hantelartigen Form der Zelle. Bei Erhöhung dieser Konzentration bildet sich zunächst (II) ein geschlossener Membranhals aus, der schließlich (III) durch eine krümmungsinduzierte Kraft geteilt wird.

Das Leben auf der Erde ist ohne Zellteilung nicht vorstellbar. Erneuerung und Wachstum basieren auf diesem grundlegenden Prinzip. Während des Teilungsprozesses muss die Zellmembran, die die Zelle nach außen abgrenzt, eine Folge von Formänderungen durchlaufen, die schließlich zu einer Teilung dieser Membran führen. Um den Teilungsprozess zuverlässig zu steuern, verlassen sich die heutigen, evolutionär optimierten Zellen auf hochspezialisierte Proteinkomplexe, die durch ATP-Hydrolyse angetrieben werden. Es stellt sich allerdings heraus, dass es viel einfachere Methoden zur kontrollierten Teilung gibt, wie jetzt Forscher vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam, und vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz, mittels künstlicher Zellen gezeigt haben. Diese künstlichen Zellen bestehen aus großen Lipid-Vesikeln, die als äußere Hülle der Zelle eine Form geben. Solche Vesikel bilden eine wichtige Eigenschaft lebender Zellen nach, indem sie ein „außen“ und „innen“ definieren. Das bedeutet sie bilden ein Kompartiment, das durch die umgebende Membran abgegrenzt ist.

Außerdem haben die Membranen zwei Seiten: Eine Seite ist dem Inneren der künstlichen Zelle zugewandt, die andere zeigt nach außen. Solche künstlichen Zellen bleiben über Tage und Wochen stabil. Überraschenderweise sorgt die Membran nicht nur für Stabilität, sondern kann vielmehr auch eine Kraft erzeugen, die zur Teilung der künstlichen Zelle führt.

Membranasymmetrie erzeugt Kräfte

Wie diese Kraft gezielt gesteuert werden kann, haben nun die Forscher um Reinhard Lipowsky in der Zeitschrift Nature Communications beschrieben. Dazu stellten sie Membranen her, deren innere und äußere Seite sich in ihrer molekularen Zusammensetzung unterscheiden. Diese Asymmetrie erzeugt Kräfte, welche die Form der künstlichen Zellen bestimmen und zur Teilung dieser Zellen führen. Bemerkenswerterweise teilen sich die künstlichen Zellen vollständig auf Grund eines Mechanismus, der sich direkt aus den mechanischen Eigenschaften der Membranen ergibt: Die Kraft, die den Membranhals teilt, entsteht aus der Membranasymmetrie.

Universell einsetzbares Modul

So haben die Forscher ein universell einsetzbares Modul entwickelt, welches zusammen mit anderen Modulen zum Beispiel zum Zellwachstum, eines Tages vielleicht zu einer lebenden künstlichen Zelle führt. Bis dahin ist zwar noch ein weiter Weg, aber die künstliche Zellteilung hat auch andere interessante Anwendungen. So kann das erzeugte Modellsystem auch verwendet werden, um die biologische Zellteilung besser zu verstehen. Zwar scheinen sich alle modernen Zellen auf ihre Proteinmaschinen zu verlassen: Allerdings gibt es auch Hinweise das unsere zellulären Vorfahren deutlich einfachere Mechanismen zur Zellteilung benutzt haben. Jan Steinkühler, Erstautor der Studie, erläutert: "Bestimmte Bakterien können sich auch ohne die bekannten Proteinmaschinen teilen. Es wurde bereits vermutet, dass hier die Membranmechanik eine zentrale Rolle spielen könnte. Mit unserer Arbeit haben wir gezeigt, dass das tatsächlich möglich ist.“

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