Neue Erkenntnisse zum Immunsystem bei Kindern könnte Impfstoffwirksamkeit verbessern
Der Aufbau des Immunsystems und die Impfantwort von Kindern hängen von einer Fülle von Faktoren ab, beispielsweise von ihrem Alter, ihrem Anämiestatus und dem Land, in dem sie aufwachsen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Swiss TPH mit Partnerorganisationen, die gestern in «Science Translational Medicine» erschien. Die Erkenntnisse zeigen, dass ein besseres Verständnis der Auswirkungen, die das Alter und weitere nichtgenetische Faktoren wie Wohnort und Anämiestatus auf die Entwicklung des Immunsystems haben, bei der Verbesserung der Wirksamkeit von Impfstoffen für Kinder in den am stärksten exponierten Bevölkerungsgruppen vielversprechend sein könnten.
Die Forscherinnen und Forscher entnahmen im Rahmen der Phase-III-Studie zum Malariaimpfstoff RTS,S über einen Zeitraum von 32 Monaten Blutproben von Kindern in Tansania und Mosambik. Gruppen von Kindern, die nach der RTS,S-Impfung bessere Antikörpertiter aufwiesen, besassen vor der Impfung im Vergleich mehr Antikörper produzierende Zellen und follikuläre T-Helferzellen. «Diese Erkenntnisse zeigen, wie wichtig es ist, die Zusammensetzung des Immunsystems bei Kindern im Detail zu verstehen, um wirksamere Impfstoffe entwickeln zu können», erläutert Claudia Daubenberger, Leiterin der Einheit «Clinical Immunology» am Swiss TPH.
Immunsystem entwickelt sich im Lauf der Kindheit dynamisch
Die Ergebnisse aus Tansania und Mosambik wurden denjenigen einer Kohortenstudie mit niederländischen Kindern vergleichbaren Alters gegenübergestellt. Dabei waren ganz eindeutige dynamische Unterschiede bei der Entwicklung des Immunsystems der beiden Gruppen von Kindern zu erkennen.
«Beim Vergleich der verschiedenen geografischen Regionen haben wir feststellen können, dass einige Bestandteile des Immunsystems der tansanischen und mosambikanischen Kinder sich schneller entwickeln, als dies bei niederländischen Kindern der Fall ist. Dies hängt höchstwahrscheinlich damit zusammen, dass diese Kinder verstärkt Infektionskrankheiten ausgesetzt sind und sie in einem anderen mikrobiellen Umfeld mit anderen Ernährungsgegebenheiten aufwachsen», so Danika Hill vom Babraham Institute in Grossbritannien. «Des Weiteren sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Immunzelltypen zwar während der Kindheit einen gemeinsamen Entwicklungsverlauf aufweisen, die entsprechenden Veränderungen jedoch auf verschiedenen Kontinenten und sogar in Tansania und Mosambik unterschiedlich schnell vonstattengehen können.»
Die Forscherinnen und Forscher untersuchten auch eine mögliche Verbindung zwischen dem Anämiestatus der Kinder und der Stärke ihrer Immunantwort und stellten dabei fest, dass anämische Kinder weniger gut auf die RTS,S-Impfung ansprachen. «Zum ersten Mal haben wir nachweisen können, dass die Eisen-Bioverfügbarkeit sich direkt auf die B-Zellenbiologie auswirkt. Indem wir den Anämiestatus von Kindern bei der Analyse von Impfimmunität und Impfschutz berücksichtigen, lernen wir besser zu verstehen, warum die Impfergebnisse bei Kindern in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen, wo Blutarmut weit verbreitet ist, so unterschiedlich ausfallen», betont Claudia Daubenberger.
Wirksamere Impfstoffe durch besseres Verständnis der Immunität
Trotz der hohen Erfolgsquoten bei der Immunisierung von Kindern existieren immer noch viele Infektionskrankheiten, wie beispielsweise Malaria, für die es bislang keine Impfung gibt. Realisiert könnte dies durch eine Kombination aus innovativen Ansätzen zur Impfstoffentwicklung und neuen Erkenntnissen zur Immunreaktion der Kinder auf Impfungen. Ein besseres Verständnis der Faktoren wie Alter, Wohnort und Anämiestatus, die die Entwicklung eines funktionalen Immunsystems bei Kindern beeinflussen, kann die Impfstoffwirksamkeit für bestimmte Bevölkerungsgruppen überall auf der Welt erhöhen.