Weniger Diabetes trotz fettreicher Ernährung
Eingriff in Fettstoffwechsel verbessert die Fettleber und den Zuckerstoffwechsel dicker Mäuse
© MPI für Stoffwechselforschung
Das Fettgewebe speichert normalerweise überschüssige Fette. Bei einer dauerhaft zu fettreichen Ernährung kann das Gewebe jedoch irgendwann keine Fette mehr aufnehmen und diese werden dann auch in Muskeln und der Leber eingelagert. Das kann zu einer Fettleber und Insulinresistenz führen und letztlich die Entstehung des Diabetes mellitus Typ 2 bewirken. Forschende wissen schon länger, dass daran eine bestimmte Gruppe von Fetten beteiligt ist, die sogenannten Ceramide. Diese werden im Körper von verschiedenen Ceramid Synthasen hergestellt.
„Andere Forschungsgruppen haben schon gezeigt, dass das Blockieren der Ceramid-Produktion die Tiere vor der Entstehung einer Insulinresistenz schützt. Allerdings kann dies viele Nebenwirkungen haben, so ist bei einer vollständigen Hemmung der Ceramidsynthese zum Beispiel auch die Entwicklung der Tiere gestört“, sagt Philipp Hammerschmidt, Doktorand in der Forschungsgruppe Brüning. Die Forscher wollten daher untersuchen, welche der unterschiedlichen Ceramid Synthasen genau an der Entstehung der Insulinresistenz beteiligt sind, um diese dann spezifischer ansteuern zu können.
Sie fanden heraus, dass sich Ceramid-Moleküle, die eine bestimmte Länge besitzen und durch die beiden Ceramid Synthasen 5 und 6 gebildet werden, in der Leber anreichern, wenn Mäuse durch eine fettreiche Ernährung dick werden. „Interessanterweise konnte aber nur die Inaktivierung der Ceramid Synthase 6 die Mäuse vor Fettleibigkeit, Fettleber, und Insulinresistenz schützen. Der Verlust der Ceramid Synthase 5 hingegen hatte darauf keinen Effekt“, erklärt Hammerschmidt.
Gleiches Produkt, unterschiedliche Funktion
„Das war sehr überraschend, denn diese beiden Synthasen stellen exakt das gleiche Ceramid-Produkt her, haben aber einen völlig anderen Effekt auf den Stoffwechsel der Mäuse“, so Hammerschmidt. Die Wissenschaftler haben entdeckt, dass die beiden Proteine an verschiedenen Orten in der Zelle aktiv sind. Die Ceramid Synthase 6 reguliert den Ceramid-Haushalt von Mitochondrien, den Energielieferanten der Zelle, und beeinflusst ihre Struktur und Funktion.
Dass die Mäuse bei einer schlechten Ernährung übergewichtig und krank werden liegt also vermutlich unter anderem daran, dass sich spezifisch die Ceramide, die von der Ceramid Synthase 6 gebildet werden, in Mitochondrien anreichern und diese langfristig in ihrer Funktion hemmen. So identifizierten die Forscher bestimmte Proteine in Mitochondrien, welche spezifisch die von Ceramid Synthase 6 gebildeten, aber nicht die von der verwandten Ceramid Synthase 5 gebildeten, Ceramide binden.
Die Forscher können die Ceramid Synthase 6 zu einem definierten Zeitpunkt in Mäusen ausschalten. Das hat bei dicken Mäusen einen deutlichen Effekt: „Die Mäuse essen weiterhin sehr fettreich, verlieren aber an Gewicht bei gleichzeitiger Verbesserung ihres Zuckerstoffwechsels“, erklärt Hammerschmidt. „Eine potentielle Anwendung der Ceramidsynthase-6-Hemmung oder die Beeinflussung der durch diese Ceramide regulierten Mitochondrien-Proteine am Menschen wäre auch vorstellbar, bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.“.
Originalveröffentlichung
Philipp Hammerschmidt, Daniela Ostkotte, Hendrik Nolte, Mathias J. Gerl, Alexander Jais, Hanna L. Brunner, Hans-Georg Sprenger, Motoharu Awazawa, Hayley T. Nicholls, Sarah M. Turpin-Nolan, Thomas Langer, Marcus Krüger, Britta Brügger, Jens C. Brüning; "CerS6-Derived Sphingolipids Interact with Mff and Promote Mitochondrial Fragmentation in Obesity"; Cell, 2019